Frage an Karin Schmidt von Tanja V. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Schmidt,
Sie haben im Landtag für die Zielvorgabe zur Einstellung des Studiengangs Rechtswissenschaften und damit für die Schließung der Juristischen Fakultät der Universität Rostock gestimmt.
Die Universität hat dem Land ein solides Finanzierungskonzept vorgelegt. Gleichzeitig wurde in der Begründung zur Zielvorgabe mit grob falschen Zahlen gearbeitet. So wurde z.B. eine Arbeitslosenquote bei Juristen von 21,6% zugrunde gelegt. Dass Sie diese Zahl für zutreffend angenommen haben, fällt mir schwer zu glauben.
Gleichzeitig wird die Schließung der Juristischen Fakultät die Abwanderung gut ausgebildeter junger Frauen weiter vorantreiben und damit eines der Hauptprobleme unseres Landes verschärfen.
Können Sie vor diesem Hintergrund Ihre Entscheidung gegen die Juristische Fakultät begründen?
Mit freundlichen Grüßen
Tanja Voigt
Sehr geehrte Frau Voigt,
bevor ich zu Ihrer Frage komme, möchte ich ein paar kurze Anmerkungen vorausschicken.
Im Interesse der Stärkung von Lehre und Forschung sowie der Sicherung der Hochschulstandorte des Landes waren Entscheidungen zur künftigen Struktur und Qualitätsentwicklung unserer Hochschullandschaft zu treffen. Um im nationalen und internationalen Wettbewerb weiterhin bestehen zu können, ist eine deutliche Konzentration auf die Stärken der Hochschulen erforderlich. Zugleich mussten natürlich auch Entscheidungen zum Personalentwicklungskonzept des Landes unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit und der demographischen Entwicklung gefällt werden. Wir stehen vor der Notwendigkeit zu konsolidieren und Stellen einzusparen. Gleichzeitig wurde der Hochschulkorridor zur finanziellen Ausstattung der Hochschulen (plus 1,5 Prozent pro Jahr) festgeschrieben. Mit diesen Rahmenbedingungen mussten sich alle Hochschulen auseinanderzusetzen. Dabei wurden an den jeweiligen Hochschulen eigene Vorstellungen entwickelt. - Allerdings ist es das Recht und die Pflicht der Landesregierung und des Parlamentes, mit Blick auf das gesamte Land auch selbst strukturelle Änderungen zu erwägen und vorzuschlagen. Es geht um die Entwicklung von sechs Standorten in Mecklenburg-Vorpommern und nicht um einen Standort. Da wir Stellen einsparen mussten, war es nur folgerichtig, sich die Doppelstrukturen in der Studienlandschaft anzusehen. Es ist wichtig, dass man in M-V z.B. Maschinenbau, Jura und Medizin studieren kann. Allerdings nicht an jedem Standort. Dies waren schwere Entscheidungen für alle Hochschulstandorte. Mit fünf Einrichtungen ist ein Kompromiss zustande gekommen, - wenn auch ein schmerzlicher. Leider ist dies mit der Rostocker Universität nicht gelungen. Zweifellos gehört die Schließung des Studienganges Rechtswissenschaften an der Universität Rostock zu diesen schmerzhaften Strukturentscheidungen. Aber dies stellt nicht das Renommee, die Bedeutung und die Entwicklungsperspektive der Universität in Frage.
Sehr geehrte Frau Voigt, ich komme nun zu Ihrer eigentlichen Frage:
Natürlich besteht das Problem der Abwanderung junger gebildeter Frauen - nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern im gesamten Osten Deutschlands.. Einerseits finde ich es gut, wenn sich junge Leute den Wind um die Nase wehen lassen und Erfahrungen auch anderswo sammeln. Hauptursache für Abwanderung sehe ich allerdings in der fehlenden Perspektive für Arbeitsplätze. Wir versuchen über eine intelligente Arbeitsmarktpolitik, wie die prioritäre Förderung der Zusammenarbeit von Hochschule und Wirtschaft, eine beispielgebende Technologieförderung, die Rahmenbedingungen für attraktive Arbeitsplätze auch für Mädchen und Frauen zu verbessern. Dazu gehört auch, alles zu tun, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf - beginnend mit einem flächendeckenden Netz an Kindertageseinrichtungen - zu verbessern. Auch das Landesprogramm der Jugend- und Schulsozialarbeit "beweist", dass öffentlich geförderte Beschäftigung notwendig und möglich ist. Dies
ist ein spezielles Angebot an Absolventinnen und Absolventen unserer Hochschulen, das wir gern verstärken würden. Meine Devise ist: Wandern und Erfahrungen sammeln ja - aber es müssen auch die Bedingungen stimmen, damit eine Rückkehr möglich ist.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Schmidt