Frage an Karen Haltaufderheide von Bernd E. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Haltaufderheide,
Ich bin Geograph, arbeite fuer die Vereinten Nationen und bin der Meinung das Klimaschutz auf lange Sicht (die naechsten 100 Jahre) das einzige fuer die Menschheit wirklich wichtig zu lösende Thema ist.
Wie koennen Sie eine gute Abwägung finden zwischen der Nutzung von fossilen Brennstoffen zur Stromerzeugung mit den damit verbundenen CO2 Emmissionen die wir uns in dieser Menge nicht mehr erlauben koennen, im Vergleich zur Aufrechterhaltung von Atomenergiegewinnung bezogen auf die Gefahren der nicht wirklich gelösten Endlagerung von radioaktivem Spaltmaterial als ´Müll´ der Stromgewinnung durch Atomkraft.
Alternative Energieträger sind natuerlich bevorzugt, koennen aber in der Masse (welchen Anteil haben wir heute am Gesamtenergiebedarf an Strom?) in naher Zukunft wohl kaum die Menge an Strom erzeugen, die Kohlekraftwerke und/oder Atomkraftwerke (Deren Anteile?) produziert wird.
Vielen Dank,
Bernd Eckhardt
Sehr geehrter Herr Eckhardt,
Ich teile Ihre Einschätzung zum Klimaschutz als Priorität Nummer 1.
Inzwischen besteht zumindest verbal zwischen den Parteien Einigkeit, dass wir anstreben müssen, möglichst viel Strom und später auch Wärme aus Erneuerbaren Energien zu gewinnen. Möglichst viel heißt für uns 100 %. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern bedarf einer gewaltigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anstrengung. Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Stromerzeugung 2030 zu 100 % aus Erneuerbaren Energien zu speisen; bei der Wärmeerzeugung wollen wir das bis 2050 schaffen. Das kann nur gelingen unter drei Voraussetzungen:
- Wir müssen sofort und mit größtmöglicher Konsequenz Maßnahmen ergreifen.
- Wir müssen uns parallel um alle Möglichkeiten kümmern, Einergie einzusparen.
- Wir müssen eine bessere Energieeffizienz erreichen.
Ich bin allerdings auch davon überzeugt, dass es nur eine gemeinsame Lösung für die drei derzeit größten Krisen, nämlich die Wirtschaftskrise, die Klimakrise und die Energiekrise gibt, die miteinander zusammenhängen. Im Umstieg auf Erneuerbare Energien steckt ein enormes wirtschaftliches Potential. Gleichzeitig hilft er uns, sorgsamer mit endlichen Rohstoffen auf dieser Erde umzugehen, die wir auch dann noch brauchen, wenn wir die Energieversorgung aus Erneuerbaren hinkriegen. Dem Staat kommt meines Erachtens eine zentrale Rolle zu. Er muss das gesamte ihm zur Verfügung stehende Instrumentarium - Ordnungsrecht, Steuer- und Finanzpolitik, Marktanreize, öffentliche Investitionen etc. - nutzen und die Weichen für eine ökologische Modernisierung der Gesellschaft zu stellen. Nach dieser in der Kürze leider sehr groben Skizzierung der Gesamtproblematik, möchte ich noch kurz auf Ihre Detailfragen eingehen:
1. Wir hatten laut Bundesministerium für Umwelt... 2008 einen Anteil der EE von 9,5 % am gesamten Endenergieverbrauch (Strom, Wärme, Kraftstoffe) und von 15,1 % am Bruttostromverbrauch. In 2009 ist der Anteil nach bisherigem Kenntnisstand noch einmal deutlich gestiegen. Damit hat die Entwicklung die kühnsten Prognosen vom Beginn des Jahrtausends deutlich überholt. Mit entsprechendem staatlichen Anschub, z.b. eine Erneuerbare-Wärme-Gesetz, kann und muss die Entwicklung stark beschleunigt werden. 2. Wir werden noch für einige Jahre nicht auf die Nutzung fossiler Energien verzichten können. Aber der Anteil muss stetig und konsequent gesenkt und die schlimmsten Dreckschleudern müssen abgeschaltet werden. Wir dürfen auch nicht in die Falle gehen, jetzt noch neue Kohlekraftwerke zu bauen, weil sie sauberer seien als die alten. Damit schreiben wir die Entwicklung auf Jahrzehnte fest.
3. Der Anteil der Atomenergie lag in Deutschland 2008 nach verschiedenen Angaben zwischen 22 und 28 %. Es wird keine Stromlücke geben, wenn wir die Kraftwerke nach bestehenden Verträgen abschalten und gleichzeitig deutlich auf Erneuerbare, Energieeinsparung und Energieeffizienz umsteuern. Natürlich ist Atomstrom weniger CO² belastet als Strom aus fossilen Energien. Die mit der Atomenergie verbundenen Risiken sind allerdings, wie gerade in der Asse zu erahnen ist, unbeherrschbarund damit der Betrieb von Atomkraftwerken nicht verantwortbar. Wenn wir insgesamt die Bemühungen um eine Verringerung des CO²-Ausstosses deutlich verstärken, ist m.E. der Verzicht auf Atomkraft auch unter Klimagesichtspunkten vertretbar.
Mit freundlichen Grüßen
Karen Haltaufderheide