Frage an Kai Wegner von Christof Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Wegner,
in meiner Frage geht es um die IHK-Zwangsmitgliedschaft.
Soweit ich informiert bin, ist Ihre Partei größtenteils dafür. Da Sie Unternehmensberater sind, würde mich interessieren, wie Sie persönlich dazu stehen.
Meine Meinung dazu ist, dass Zwang nicht in eine freiheitliche Demokratie passt. Schon unsere Hymne fängt mit den Worten "Einigkeit und Recht und FREIHEIT" an. Von Zwang steht dort nichts.
Neben den verschiedenen Gründen, die gegen eine Zwangsmitgliedschaft, egal in welcher Vereinigung, sprechen, dürfte die stichhaltigste wohl die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" (UN-Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948) sein. In Artikel 20 Absatz 2 steht geschrieben: "Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören."
Sollten Sie auch für die Zwangsmitgliedschaft sein, bitte ich Sie im Vorfeld, darauf zu verzichten, die Vorteile der IHK aufzuzählen, denn dass ist nicht das Thema. Schließlich muss jeder Bürger selbst entscheiden, ob er einer Vereinigung beitritt und damit auch deren Vorteile nutzen darf oder nicht. Keiner darf zu seinem Glück gezwungen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Christof Zottmann
Sehr geehrter Herr Zottmann,
vielen Dank für Ihre Frage zur IHK-Pflichtmitgliedschaft und zur Frage der Notwendigkeit einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften.
Mir ist vollkommen klar, dass für viele Unternehmer die IHK-Pflichtmitgliedschaft und die daraus resultierenden Kosten in Form von Grundbeiträgen und Umlagen eine Belastung sind. Ihre örtliche IHK sollte deshalb immer bestrebt sein, Ihnen eine angemessene Gegenleistung in Form von Service und politischer Interessenvertretung zu bieten. Obwohl ich grundsätzlich gegen Pflichtmitgliedschaften bin, sehe ich es im Fall der Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern anders. Die Kammern rechtfertigen die Pflichtmitgliedschaft über Ihre Aufgaben und Leistungen. Insbesondere die politische Interessenvertretung der kleinen und mittleren Betriebe durch die örtliche IHK bzw. die DIHK darf in diesem Zusammenhang nicht unterschätz werden.
Diese Meinung teilt auch das Bundesverfassungsgericht, dass die Pflichtmitgliedschaft für verfassungskonform hat. In dem Beschluss vom 7. Dezember 2001 (Az. 1 BvR 1806/98) wird klargestellt, dass dem Gesetzgeber die Errichtung eines öffentlich-rechtlichen Verbandes mit Pflichtmitgliedschaft möglich ist, sofern dieser Verband legitime öffentliche Aufgaben erfüllt. Diese sind im Falle der Industrie- und Handelskammern zum einen die Vertretung der Mitgliederinteressen sowie die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben. Der Gesetzgeber ist im Sinne der Ausführungen der Richter am Bundesverfassungsgericht allerdings angehalten, ständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine öffentlich-rechtliche Zwangskorporation noch bestehen. Dies war zuletzt im Jahr 1998 der Fall.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Kai Wegner