Frage an Kai Wegner von Hans-Joachim S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Wegner,
einige Anmerkungen zu dem von der SPD vehement geforderten Mindestlohn.
Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass in der gesamten Amtszeit Schröder die Mitarbeiter im Sicherheitsbereich des Reichstages für einen Stundenlohn von unter 5.-- Euro dort Sicherheit produzieren sollten. Mir ist bekannt, dass schon vor Jahren Mitarbeiter zusätzliche staatliche Gelder beziehen mussten um nach über 200 geleisteten Arbeitsstunden überleben zu können.
Daher finde ich es scheinheilig und unerträglich wie Herr Beck jetzt argumentiert. Jahrelang haben er und seine ParteiGENOSSEN Dampinglöhne unterstützt und weil wir jetzt Wahlen haben und dem Regierungspartner eine geprickt werden muss, wollen wir überall Mindestlöhne.
Ich frage Sie: Wie soll man das finanzieren?
Bitte nehmen Sie sich die Zeit und befragen einmal die Mitarbeiter der Einlass- und Personenkontrollen im Reichstag.
MfG
H-J.Stiebenz
Sehr geehrter Herr Stiebenz,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Mindestlohn, die ich wie folgt beantworte:
Mindestlöhne sind grundsätzlich in zwei Kategorien vorstellbar: Einerseits einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn für alle und anderseits einen von den Tarifpartnern ausgehandelten branchenspezifischen Mindestlohn, der vom Gesetzgeber für allgemeinverbindlich erklärt werden kann. Auf letzteren hatten sich CDU/CSU und SPD bereits im Koalitionsvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk geeinigt.
Vorausgegangen war die gemeinsame Forderung von Gewerkschaften und Arbeitgebern an die Politik, einen Mindestlohn für ihre von Dumpinglohn geplagte Branche einzuführen. Der Mindestlohn steht dabei gleichbedeutend für weniger Wettbewerbsverzerrung durch die Billiglohnkonkurrenz z. B. aus Osteuropa. Mit 7,87 Euro liegt der vereinbarte Stundenlohn über dem vom DGB geforderten allgemeinverbindlichen Mindestlohn-Niveau von 7,50 Euro.
Fraglich ist indes nur noch, ob die Sozialdemokraten überhaupt an einer Einigung in dieser Frage interessiert sind oder nicht mit allen Mitteln versuchen werden, das Thema im nächsten Wahlkampf parteipolitisch zu missbrauchen. Dieser Verdacht würde zumindest erklären, warum die SPD in letzter Zeit verstärkt einen vom Staat gesetzlich verordneten Mindestlohn fordern. Dieser Vorschlag ist für die Union vernünftigerweise aber keine Option. Denn diese Form des Mindestlohns würde das Ende der bewährten Tarifautonomie und die Höhe des Mindestlohns zum Dauerwahlkampfthema machen. Darüber hinaus wird ein Mindestlohn den differenzierten Bedingungen des deutschen Arbeitsmarktes in keiner Weise gerecht.
Einen anständigen Lohn für eine anständige Arbeit zu zahlen, das ist ein urchristliches Anliegen. Daher ist es für mich wichtig, die Tarifautonomie zu stärken und über den Weg des Arbeitnehmerentsendegesetzes für tarifliche Lohnuntergrenzen in jenen Branchen zu sorgen, die diese benötigten. In sieben Branchen, zeichnet sich bereits eine Lösung ab.
In diesem Zusammenhang verweise ich auch gerne auf die vorbildhafte Arbeit des Bundesvorsitzenden der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmer und Arbeitsministers in Nordrhein-Westfahlen Karl-Josef Laumann, der dort bereits in drei Branchen Flächentarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt hat.
Es ist nicht die Aufgabe der Politik oder der Regierung, Mindestlöhne festzusetzen, wohl aber die Tarifparteien bei der Bekämpfung von Dumpinglöhnen zu unterstützen. Denn wer jeden Tag acht Stunden oder mehr arbeiten geht, der muss davon auch leben können. Der branchenspezifische Mindestlohn bietet sich dabei als erfolgreich erprobtes Instrument an, dieses Ziel zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Kai Wegner