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Kai Wegner
CDU
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Frage von Matthias K. •

Frage an Kai Wegner von Matthias K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr MdB Wegner,

Sie treten sehr deutlich für den neuen Berliner Flughafen BER ein, trotz der Verlärmung des Berliner Südens durch die Flugrouten. Daher meine „Lobbyfrage“ an Sie.
Eine Lobbyorganisation versucht, wirtschaftliche Vorteile für seine Mitglieder, in der Regel private Unternehmen, auf Kosten der Gemeinschaft zu erlangen. So eine Lobbyorganisation ist der „Bundesverband der Luftverkehrswirtschaft“ BDL, Mitglieder sind die Fluggesellschaften.
Damit ist die Luftverkehrslobby sehr erfolgreich, z.B.: Die Fluggesellschaften profitieren seit langem von der Energiesteuer- und Mehrwertsteuerbefreiung für Kerosin. Insgesamt entgingen dem Staat dadurch Steuereinnahmen von 11,5 Milliarden Euro (2008). (Umweltbundesamt, Presse-Information 032/2010).
Die Deutschen Flugsicherung DFS gehört dem Bund und hat „sonderpolizeiliche Aufgaben und somit hoheitlich wahrzunehmen…“ (Begründung von Bundespräsident Köhler (2006), zur Ablehnung des Gesetzes zur Privatisierung der Flugsicherung).
Die DFS legt maßgeblich die Flugrouten über Deutschland fest. Ist es nicht merkwürdig: Obwohl das Umfliegen von Berlin die Airlines nur etwas Zeit und Kerosin kosten würde, wurden Flugrouten durchgesetzt, die direkt über die Stadt führen? Offensichtlich zählen die Profite der Airlines mehr als die Nachtruhe von uns Bürgern!
Bis 2012 war der Cheflobbyist des BDL, Herr Kaden, der Vorsitzende der Geschäftsführung der DFS (bis Ende 2012). Seitdem ist das Vorstandsmitglied des BDL, Prof. Scheuerle, (CDU) der Chef der DFS. Ein Lobbyist ist Geschäftsführer eines Bundesunternehmens! Ein einmaliger Vorgang und ein Skandal! Alles gebilligt und genehmigt von Ihrem Fraktionsfreund Bundesverkehrsminister Ramsauer, CSU (Ich frage mich, wann macht die CDU einen Atomlobbyisten zum Chef der Atomaufsicht?).
All dies zeigt den Einfluss der Luftfahrtlobby auf die Politiker, zum Nachteil von uns Bürgern.

Was meinen Sie dazu, dass ein Lobbyist ein Bundesunternehmen leitet?

Grüße,

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kiessling,

vielen Dank für Ihre Frage vom 4. Juni 2013, in der Sie die Gemeinwohlverträglichkeit von Interessenvertretung am Beispiel der Flugrouten am neuen Großflughafen BER thematisieren.

Bei komplexen Entscheidungen ist es oft schwierig, dass Gemeinwohl zu bestimmen. In einer pluralistischen Demokratie mit mündigen Bürgern ist Interessenvertretung nicht nur legitim, sondern sogar unverzichtbar. Interessenvertretung steigert die Gemeinwohlorientierung politischer Entscheidungen, weil erst sie es ermöglicht, alle relevanten Belange und Sichtweisen zur Entscheidungsfindung heranzuziehen.

Im Zuge der Festlegung der BER-Flugrouten haben sowohl die Fluggesellschaften als auch die Anwohner ihre Überzeugungen in den Diskussionsprozess eingebracht. Auf Basis dieser Argumente war es das Bestreben der Deutschen Flugsicherung (DFS), den Luftverkehr sicher, effizient und so umweltverträglich wie möglich abzuwickeln. Das bedeutete, bei der Flugroutenplanung Umwege zu vermeiden und gleichzeitig die Menschen vor Fluglärm zu schützen. Eine einseitige Durchsetzung von Sonderinteressen kann ich hier nicht erkennen.

Die Behauptung, mit Prof. Scheuerle leite ein Lobbyist ein Bundesunternehmen, ist unzutreffend. Vom Kopf auf die Füße gestellt lautet die Aussage richtigerweise, dass der Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Flugsicherung Mitglied im zehnköpfigen Präsidium des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft ist. Dieser Umstand hat keine Auswirkungen auf die Entscheidungen der DFS.

Ganz allgemein führt die Vorstellung einer angeblich übermächtigen Luftverkehrswirtschaft, die ihre Lobbyinteressen auf Kosten der Allgemeinheit durchsetzt, in die Irre. Dies können Sie nicht zuletzt am Beispiel der Luftverkehrsabgabe, die auf Abflüge von deutschen Flughäfen erhoben wird, erkennen. Obwohl sich die Luftverkehrswirtschaft ganz entschieden gegen diese Abgabe positionierte, wurde sie zum 1. Januar 2011 eingeführt und ist bis heute in Kraft.

Mit den besten Grüßen

Kai Wegner

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