Frage an Kai Wegner von Matthias K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr MdB Wegner,
wenn die Tabaklobby eine Studie vorstellte, nach der 18.000 Arbeitsplätze entstehen, wenn man wieder unbeschränkt überall rauchen darf, würden Sie diese Studie öffentlich zitieren?
Sie sagten in der Berliner Abendschau (27.02.2013) zum möglichen Nachtflugverbot am neuen Flughafen BER: „Studien belegen, dass 18.000 Arbeitsplätze nicht entstehen werden, wenn wir die Flugzeiten einschränken…“.
Nanu, alle „Gutachten“ zu den angeblich tausenden Arbeitsplätzen am BER wurden m. W. von der Luftverkehrslobby oder der Flughafengesellschaft bestellt und bezahlt, wie z.B. die von allen Politikern dauernd zitierten Studien von Prof. Baum. Über die Glaubwürdigkeit solcher Bezahlgutachten brauche ich wohl nichts zu sagen.
Unabhängige Wissenschaftler und ihr Gutachten werden bisher von den Berliner Politikern von CDU & SPD ignoriert:
Zu den angeblich unbedingt notwendigen Nachtflügen am BER sagt der unabhängige Wissenschaftler Prof. Vahrenkamp, dass der Nachtflug am neuen BER von der Wirtschaft nicht benötigt werde. Die gängige Parole „Fracht braucht Nacht“ sei von „Lufthansa Cargo“ erfunden und von Politikern übernommen worden.
Der Verkehrsexperte Prof. Dr. Friedrich Thießen, TU Chemnitz stellt sogar fest (Auszug aus „Wirtschaftliche Effekte des Flughafens Kassel-Calden“), dass „Eine Untersuchung für 43 deutsche Flughäfen (und damit die größte Untersuchung, die zu diesem Themenkreis existiert) zeigt, dass ein positiver Einfluss von Flughäfen auf den Arbeitsmarkt, Wirtschaftswachstum, regionale Einkommen und fiskalische Größen (Steuern etc.) NICHT nachgewiesen werden kann“.
Nun denn, teilen Sie mir bitte mit, welche Studien (s.o.) Sie meinten und insbesondere wer Sie bestellt und bezahlt hat.
Warum werden von der Berliner CDU &SPD eigentlich nur die positiven Gutachten zum Nachtflug beachtet, nicht aber unabhängige? Was sagen Sie zu Ihren Brandenburger Parteifreunden, die sich ebenfalls für ein Nachtflugverbot einsetzen?
Grüße
Sehr geehrter Herr Kiessling,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 28. Februar 2013 hinsichtlich der Beschäftigungseffekte eines erweiterten Nachtflugverbots beim neuen Großflughafen in Berlin-Schönefeld.
In der von Ihnen erwähnten Abendschau-Sendung vom 27. Februar 2013 bezog ich mich auf das Gutachten "Regionalwirtschaftliche Effekte einer Betriebsgenehmigung mit Kernruhezeit für den Airport Berlin Brandenburg International BBI". Dieses wurde gemeinschaftlich vom Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln und der KE-CONSULT Kurte & Esser GbR erstellt.
In dem besagten Gutachten wird für das Jahr 2030 im Falle eines restriktiven Nachtflugverbots von 22 Uhr bis 6 Uhr eine Einbuße von jährlich bis zu 8 Mio. Passagieren prognostiziert. Dementsprechend würden auch die Flugbewegungen und das Angebot der Fluggesellschaften beschränkt. Über alle Kaufkraft- und Standorteffekte des BER hinweg würde sich bei einem restriktiven Nachtflugverbot ein negativer Beschäftigungssaldo in Höhe von 18.300 Arbeitsplätzen ergeben.
Die Validität der berechneten Effekte wurde mir in zahlreichen Fachgesprächen und Diskussionen mit unabhängigen Experten bestätigt. Insofern vermag ich Ihre Vermutung, die Befürworter eines geordneten Flugverkehrs in den Randzeiten argumentierten auf Basis unglaubwürdiger Gutachten, nicht zu teilen. Es ist schlicht eine Tatsache, dass ein Wegfall der morgendlichen und abendlichen Kapazitäten in den Randzeiten Berlin vom wichtigen Interkontinental-Verkehr abschneiden würde. Denn aufgrund der unterschiedlichen Zeitzonen müssen die Fernflüge aus Nordamerika sowie Asien früh morgens landen, während die Starts in Richtung Asien, Südamerika sowie Afrika spät abends erfolgen müssen.
Ich hoffe, mit meinen Ausführungen zur Klärung des Sachverhalts beigetragen zu haben.
Mit herzlichen Grüßen
Kai Wegner