Frage an Kai Wegner von Ines E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
CDU-Politiker (Althaus, Profalla...) kündigten seit Jahren die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens an. Althaus ließ ausrechnen, dass durch Bürokratieabbau, jeder Bürger 800 Euro bedingungslose Grundsicherung erhalten könnte, 200 wären für die Krankenkasse. Wer jetzt 1500 Euro brutto verdient, hätte 1350 Euro netto. Die SPD-Zentrale sagte, sie könne nicht für ein bedingungsloses Grundeinkommen eintreten, ihr Wählerklientel wären Angestellte im Öffentlichen Dienst, "Sie haben unkündbare Verträge. Wo sollen wir mit ihnen hin?" "Wir wurden auch nicht gefragt, als Hartz4Gesetze eingeführt wurden. Sie hätten ein Grundeinkommen. Sie könnten in der Steuerfahndung arbeiten, die finanziert sich selbst."
Bürger, die respektiert arbeiten, werden in Jobcentern genauso schikaniert, wie Bürger die nicht arbeiten. Es zählt nur Geld. Andererseits arbeiten Millionen Bürger in Deutschland ohne Grundvergütung und Tarifschutz. Eine sofort realisierbare Problemlösung wäre das bedingte Bürgergeld, das selbsttätig gewählte gemeinnützige Arbeit als Arbeit anerkennt. Dem Jobcenter müsste ein Vertrag mit einem gemeinnützigen Verein vorgelegt werden. Grundsicherung würde als Bürgergeld ausgezahlt. Es gilt Individualrecht.
Gemeinnützige Vereine könnten Geld für Aufwandspauschalen von a 2100 Euro/Jahr bei Behörden anfordern, weil gemeinnützige Arbeit im Interesse der Gesamtgesellschaft geleistet wird. Falls Vereinen extreme Bürokratie aufgezwungen würde, müsste ein Finanzierungsmodell durchdacht werden. Dieses Modell würde das Sozial- und Grundgesetz im Gegensatz zum Hartz4System nicht verletzen. Wer nicht mit der Suche nach Alternativen auf die Verletzung des Grund- und Sozialgesetzes reagiert, akzeptiert eine Verletzung des Grund- und Sozialgesetzes, die Gefährdung einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Sie sagten, dass Sie für ein bedingungsloses Grundeinkommen agieren. Wie können wir in Spandau mit Ihrer Unterstützung ein bedingtes Bürgergeld in Kooperation mit Ämtern und Jobcenter realisieren?
Sehr geehrte Frau Eck,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 8. Oktober 2011, in dem Sie mich nach einer Umsetzungsmöglichkeit eines „bedingten Bürgergeldes“ in Spandau fragen.
Im Auftrag der CDU hat die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) die Finanzierbarkeit des „Bedingungslosen Grundeinkommen für Alle“ untersucht und kam zu dem Ergebnis, dass das Konzept finanzierbar sei. Weiter heißt es, dass das Grundeinkommen nicht teurer sei, als die Sozialsysteme um Hartz-IV.
Dieter Althaus, den Sie ja auch ansprechen, hat seinerzeit gesagt: „Die Einführung des Solidarischen Bürgergeldes ist eine sozialpolitische Revolution. Aber sie sichert die Soziale Marktwirtschaft und damit die Errungenschaften unseres Sozialstaates [...] Wenn wir die Probleme der demographischen Entwicklung wirklich ernst nehmen, wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass schon heute immer mehr Geld für die Sozialversicherungen aus Steuermitteln kommt, wenn wir es mit dem Ziel eines effektiven Arbeitsmarktes und dem Abbau der Bürokratie ernst meinen, dann kommen wir nach meiner festen Überzeugung um einen Systemwechsel nicht herum.“
Auch unser ehemaliger Bundespräsident Horst Köhler hat sich tendenziell für das Grundeinkommen ausgesprochen.
Aber es gibt auch Stimmen innerhalb der CDU, die gegen das Grundeinkommen sprechen. Diese befürchten, dass das Grundeinkommen zum Ausruhen und zum Vertrauen auf den Sozialstaat führt.
Eine solche Umwandlung des Sozialsystems, die ich für überlegenswert halte, darf nicht mit der heißen Nadel gestrickt werden. Wir haben an den Hartz-Gesetzen gesehen, dass der unbeirrbare Wille zur Reform und dem engen Zeitrahmen eine Reihe von Folgereformen nötig machten. Das verstehe ich nicht als verlässliche Sozialpolitik. Daher gilt es, zuerst den parteiinternen Konsens zu suchen, ehe wir uns mit den übrigen politischen Kräften der Bundesrepublik über die Reform sprechen. Und diese Reform, so sie denn gewollt ist, braucht eine überparteiliche breite Zustimmung. Jede Regierungsmehrheit, egal welche Couleur sie hat, ist gut beraten, hier den breiten gesellschaftlichen Konsens herzustellen, wenn wir nicht in zehn Jahren wieder über die Novellierung des Sozialsystems nachdenken wollen.
Ich will mich gern der Sozialdebatte stellen und führe auch immer wieder Gespräche mit Kollegen meiner Fraktion. Bis aber der oben beschriebene Konsens nicht hergestellt und das bedingungslose Grundeinkommen Realität in Deutschland ist, sehe ich keine Möglichkeit, schon jetzt ein solches Modell einzuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Kai Wegner