Frage an Kai Wegner von Juliane H. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr Wegner,
in diversen Postillen schreiben Sie, dass sich jeden Tag mehr Abgeordnete, Minister und Ministerpräsidenten für einen Komplettumzug der Regierung von Bonn nach Berlin aussprechen. Welche Politiker sind dies denn konkret, die bis beispielsweise vor einem Jahr noch eine andere Meinung vertraten? Eine kurze Auflistung als Antwort genügt. Besten Dank für Ihre Mühe und
mit freundlichen Grüßen
Juliane Hübner
Sehr geehrte Frau Hübner,
die Frage des Komplettumzugs der Bundesregierung nach Berlin ist in der Vergangenheit häufig auf die mediale Tagesordnung gesetzt worden, ohne dass sich etwas konkret getan hätte. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass mich viele Berlinerinnen und Berliner auf das Thema ansprechen und sich über meinen Optimismus wundern. Deshalb danke ich Ihnen für die Frage und die Möglichkeit, Ihnen meine positive Haltung diesbezüglich zu erläutern.
Wie Sie vielleicht wissen, befasse ich mich schon seit meiner Zeit im Berliner Abgeordnetenhaus mit dem Thema Komplettumzug. Ich habe seitdem mit zahlreichen Vertretern der Bundesländer, der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages über dieses Thema diskutiert. Lasse ich diese Gespräche Revue passieren, lassen sich durchaus Veränderungen feststellen, die darauf hindeuten, dass eine Entscheidung für einen Komplettumzug der Regierung nach Berlin immer wahrscheinlicher wird.
Kurz nach dem (Teil-)Regierungsumzug gab es in den anderen Bundesländern eine weit verbreitete Anti-Berlin-Stimmung. Tenor: Die Berliner kriegen den Hals nicht voll und sollten sich angesichts der Zuwendungen, die man bereits bekomme, lieber in Demut üben. Dahinter stand meiner Meinung nach die Angst vieler Bundesländer, dass sich Berlin nicht nur alle Ministerien, sondern auch noch weitere Bundesinstitutionen „einverleiben“ wolle.
Mittlerweile werde ich als Berliner Bundestagsabgeordneter nur noch sehr selten mit dieser Anti-Berlin-Stimmung konfrontiert. Vielmehr sprechen mich die Kollegen aus den anderen Bundesländern auf die zahlreichen Probleme der Hauptstadt an. Das ist zwar auch nicht besonders schön, zeigt aber, das mittlerweile eine gewisse Verbundenheit oder sogar Identifikation mit der Hauptstadt Berlin entstanden ist, die noch vor wenigen Jahren nicht bestand.
Diese Solidarität mit der Hauptstadt lässt sich auch daran ablesen, dass sich immer mehr Ministerpräsidenten öffentlich zu einem Komplettumzug nach Berlin bekennen. Zuletzt war es der baden-württembergische Regierungschef Günther Oettinger, der sich in einer Rede eindeutig für einen Komplettumzug aussprach.
Seitens der Bundesregierung gibt es mittlerweile ebenfalls erfreuliche Entwicklungen, die für einen Komplettumzug sprechen. So z.B. die Konzeption des Neubaus des Bundesinnenministeriums in Berlin. In dem geplanten Komplex sollen außer den Büros für die Berliner Mitarbeiter auch gleich die Räume für die Beschäftigten errichtet werden, die derzeit noch in Bonn ihren Dienst tun. Das Argument des Innenministeriums: Den Platz für die Bonner Kollegen jetzt bereits zu schaffen sei günstiger, als nachträglich anzubauen. Diese Entscheidung des Innenministeriums wurde auch seitens des Haushaltsausschuss im Deutschen Bundestag so bestätigt. Außerdem hat die Bundesregierung wiederholt klar gestellt, dass sie den Umzug weiterer Ministeriumsmitarbeiter beziehungsweise einen Komplettumzug nach Berlin nicht ausschließe.
Die Offenheit der Bundesregierung für einen Komplettumzug und die Unterstützung aus den Bundesländern für Berlin entsprechen meinen Erfahrungen, die ich speziell in dieser Legislaturperiode gemacht habe. Die Frage der Änderung des Bonn-Berlin-Gesetzes zugunsten Berlins ist und bleibt allerdings eine sehr emotionale Sache. An dieser Stelle möchte ich deshalb um Ihr Verständnis bitten, dass ich hier keine Namen nennen werde. Denn Fakt ist, dass es in dieser Legislaturperiode keine Mehrheit für einen Komplettumzug gegeben hat. Ein entsprechender Antrag der Linken hat zwar viel mediale Öffentlichkeit erzeugt, bewirkt hat er aber genau das Gegenteil: Die Bonn-Fürsprecher sind noch enger zusammengerückt und werben verstärkt für Ihre Position. Hier kann nichts im „Hauruck-Verfahren“ erreicht werden, vielmehr muss behutsam weiter für Berlin geworben und argumentativ überzeugt werden. Letzteres fällt angesichts belastbarer Kostenrechnungen, unbestreitbaren Effizienzverlusten und unnötiger Umweltverschmutzung durch in Folge der Teilung des Regierungssitzes leichter denn je.
Was das Werben betrifft, so stehen aus meiner Sicht besonders die Berliner Bundestagsabgeordneten, aber auch der Berliner Senat in der Verantwortung, sich konstruktiv für Berlin zu engagieren.
Sollten Sie weitere Fragen zu diesem oder anderen Themen haben, stehe ich Ihnen gerne für ein Gespräch in meinem Bürgerbüro in Spandau zur Verfügung. Melden Sie sich in meinem Bundestagsbüro unter der Telefonnummer (030) 227 77 610 an oder schicken Sie mir einfach eine entsprechende Email an Kai.Wegner@Bundestag.de .
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Kai Wegner