Portrait von Kai Vogel
Kai Vogel
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Kai Vogel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Birgit F. •

Frage an Kai Vogel von Birgit F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie berechnen sich die 35000€ (3500€/Abgeordneter, für die ich 4 Wochen in Neuseeland verbringe) für eine Info-Reise nach Toronto? Glauben Sie selbst die Argumente die Sie für diese Reise formulieren? Ich war schon 8x eigens finanziert in Toronto und 1 weiteres mal in anderen Teilen Kanadas. Glauben sie mir die Informationen, die sie gerne hätten kann man sehr gut zeitgemäß in Video- oder Telefonkonferenzen und ja, tatsächlich übers Internet beziehen. Erhält der finanzierende Bürger einen Reisebericht über die Art und Weise der Informationen die sie gerne von den Kanadiern erhalten möchten?
Möchten Sie bei der nächsten Wahl mehr Wählerzustimmung erhalten?

Portrait von Kai Vogel
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau F.,

bewusst antworte ich Ihnen erst, nachdem die Reise nach Kanada abgeschlossen ist und ich beurteilen kann, welchen Mehrwert diese Reise für mich hat.

Zu Ihren Vorbemerkungen: Ausschussreisen kosten Geld und sind mit einer Reise in der eigenen Freizeit nicht zu vergleichen. Auch ich war mit meiner Familie bereits in Kanada und gebe Ihnen Recht, dass diese privaten Reisen – je nach eigenen Vorstellungen – preiswerter, aber auch deutlich teurer gestaltet werden können. Die vom Landtag bzw. dem Bildungsausschuss organisierte Reise beinhaltete keine Tourismustermine, sondern es wurden pro Tag 3-5 Gespräche von durchschnittlich 1,5 h geführt, sodass die Freizeit sich auf die Abendstunden beschränkte.

Was habe ich mitgenommen: Die Grundeinstellung der Kanadier – und ich pauschalisiere bewusst – ist gegenüber allen Bildungseinrichtungen eine durchweg positive. Bildung in Kindertageseinrichtungen, in Schulen und Hochschulen wird von der Bevölkerung als Mehrwert und Chance des Aufstiegs eingestuft. Daher gehen alle an Schule Beteiligten (Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und Eltern) mit hoher gegenseitiger Wertschätzung um und stellen das Wirken einer anderen Gruppe oder von Einzelpersonen nicht vorschnell in Frage. Wertschätzung in diesem Maße vermisse ich an fast allen in Schulen in Schleswig-Holstein. Diese Art der Wertschätzung kenne ich nur aus Skandinavien – auch da musste ich hinreisen – und sehe es als langfristige politische Aufgabe an, hier zu mehr Wertschätzung in unserem Bildungssystem beizutragen.

Ob in der Fragestellung von Ihnen, Frau F., eine Wertschätzung der Bildungspolitik des Landtages zum Ausdruck kommt oder nicht genau das Gegenteil impliziert, gebe ich an Sie zurück.

In Kanada werden Eltern intensiver in die Arbeit der Schule eingebunden, was zu einem besseren Miteinander beiträgt.

Die berufliche Ausbildung, wie sie bei uns organisiert ist, wird von Kanada sehr aufmerksam wahrgenommen und von den meisten auch bewundert.

Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund werden in einem zeitlich und auch personell intensiveren Umfang in der neuen Klasse und auch in ihrer Freizeit an die Hand genommen. Integration endet dort nicht nach der täglichen Schulzeit, wie bei uns zumeist.

Im universitären Bereich werden ausländische Studierende ebenfalls sehr klug in den universitären Betrieb eingebunden und um diese wird wegen der hohen beruflichen Qualifikation geworben. In Deutschland nehme ich eher eine Akzeptanz als ein Werben um qualifizierte Fachkräfte wahr.

Das Aufnahmeverfahren von Fachkräften ist in Kanada sehr leicht verständlich und mit einem sinnvollen Netzwerk verbunden, sodass sich Fachkräfte gleich willkommen geheißen fühlen, statt erst gegen ganz viele Hürden anzukämpfen, wie es in Deutschland vielfach der Fall ist.

Das Einwanderungsgesetz in Kanada, das von der SPD seit Jahren in sehr ähnlicher Weise für Deutschland befürwortet wird, hilft dem Fachkräftemangel sinnvoll zu begegnen.

Ähnlich sinnvolle Erkenntnisse habe ich Bereich Lehrerfortbildung, Digitalisierung und Umgang mit Minderheiten gewonnen.

Ob mit allen diesen Erkenntnissen die Kosten für diese Reise berechtigt waren, bleibt Ihnen zu beurteilen. Für das Verstehen von kulturellen Unterschieden und dem Erkennen von gemeinsam getragenen Werten sind Gespräche „Aug in Aug“ nach meinem Verständnis sinnvoller, als dies ein Email-Kontakt oder auch eine Video- oder Telefonkonferenz hätte leisten können. Ich finde Telefonkonferenzen mit vielen Teilnehmern schwierig, gerade wenn man sich überhaupt nicht kennt. Im internationalen Austausch können sehr schnell Missverständnisse auftreten, die bei einer Telefonschalte unbemerkt geblieben wären, daher war ein persönliches Erscheinen in Kanada für die gegenseitige Völkerverständigung und für viele neue Erkenntnisse sehr sinnvoll.

Herzliche Grüße
Kai Vogel