Portrait von Kai Grimm
Kai Grimm
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Kai Grimm zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Anja T. •

Frage an Kai Grimm von Anja T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Grimm,

auf der Tourismus-Homepage der Stadt Hamburg wird so die Herbertstraße beschrieben:
„Vor neugierigen Blicken geschützt, gibt es hier käufliche Liebe. Der Zutritt ist nur für Männer über 18 Jahren erlaubt: Die berühmt-berüchtigte Herbertstraße in Hamburg.
Die etwa 60 Meter lange Gasse, die vor den Blicken Neugieriger durch Tore geschützt wird, gehört zum alten Mythos St. Pauli. Hier gibt es die käufliche Liebe seit dem 19. Jahrhundert. Und nur Männern über 18 Jahren wird Zutritt gewährt. Frauen sollten es erst gar nicht wagen, dort hinein zu wollen - sie erwarten Beschimpfungen, faule Eier, kalte Duschen oder mit Urin gefüllte Eimer.“
https://www.hamburg-tourism.de/sehen-erleben/sehenswuerdigkeiten/herbertstrasse/
Halten Sie diese Werbung für angebracht und zeitgemäß?
Können sie mir sagen, wodurch es legitimiert ist, dass eine Straße der Stadt Hamburg ein jugendgefährdender Ort ist von dem auch Frauen ausgeschlossen sind?
Wurden die Tore und Beschilderungen, die „vor neugierigen Blicken schützten“, von der Stadt angebracht? Zum Schutz der Sexarbeiterinnen? Wenn ja, warum nur dort?
Im SPD Regierungsprogramm 2020 heißt es:
„…Hamburg ist attraktiv und wird immer attraktiver. Hamburg ist eine Hoffnungs- und Ankunftsstadt, in der viele Menschen mit ihren Kindern und Familien leben wollen…“
Im Wahlprogramm steht:
„…Zukunft – Gut und sicher leben
Eine sichere Stadt für alle
Im öffentlichen Raum, auf den Straßen und Plätzen unserer Stadt soll sich jeder wohl und sicher fühlen. Deshalb erhöhen wir hier die sichtbare Polizeipräsenz und setzen an besonders kriminalitätsbelasteten Orten ergänzend auch Videoüberwachung ein….“
Gibt es außer der Herbertstraße weitere Straßen, die nicht an einer Stadtentwicklung, im Sinne ihres Wahlprogramms, teilhaben?
Wie stehen Sie zu den bisherigen Protesten von Anwohner*innen und Feminist*innen?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antworten
Anja Twest

Portrait von Kai Grimm
Antwort von
SPD

Liebe Frau T.,

das Thema Sexarbeit ist ein komplexes Feld, in dem einfache Antworten immer zu kurz greifen; auch FeministInnen haben keine einheitliche Haltung dazu. Ich gehe persönlich davon aus, dass sich Sexarbeit schlicht nicht effektiv verbieten lässt. Ein Verbot würde die Sexarbeit in die Schattenwirtschaft drängen und die betroffenen Frauen auf unvertretbare Weise bedrohen. Sexarbeit muss auf eine Weise geregelt werden, die SexarbeiterInnen schützt und eine weitestgehend selbstbestimmte Arbeit ermöglicht.

In Bezug auf die Herbertstraße muss man sich demnach fragen: Hilft es den SexarbeiterInnen, wenn es geschützten Raum für Sexarbeit in der Stadt gibt? Und wenn ja: Sind die Interessen, die dagegen stehen, gewichtiger als die Interessen der SexarbeiterInnen? Die Antworten kann ich nicht geben. Im Zweifel würde ich aber auf Seite der SexarbeiterInnen stehen, denn sie sind vermutlich die schwächste und am stärksten gefährdete beteiligte Partei in diesem Konflikt.

Freundliche Grüße
Kai Grimm