Frage an Jutta Krellmann von Rainer L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Krellmann,
wie ist Ihre Meinung zum bedingungslosen Grundeinkommen?
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Locke
Sehr geehrter Herr Locke,
vielen Dank für Ihre Frage. Das Thema ist mir schon sehr oft über den Weg gelaufen und ich habe eine klare Position dazu.
Leider ist es so, dass immer mehr Menschen von Armut direkt betroffen sind, obwohl das Bruttoinlandsprodukt jedes Jahr wächst. Vor allem Erwerbslose müssen zu unwürdigen Bedingungen leben. Aber auch wer Arbeit hat, ist vor Armut nicht sicher. Fast jeder vierte Vollzeitbeschäftigte wird mittlerweile mit Niedriglöhnen abgespeist.
Viele Menschen, die nicht unmittelbar in einen kollektiven Produktionsprozess eingebunden sind aber dennoch sinnvolle und notwendige Tätigkeiten ausüben wie z.B. Kindererziehung oder Angehörige pflegen, wird die gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung vorenthalten. Solche Zustände sind in einem der reichsten Länder der Welt unerträglich und schreien nach Veränderung.
Ich persönlich denke jedoch, dass das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) kein geeignetes Mittel ist, die oben beschriebenen Probleme grundsätzlich zu lösen.
Das BGE soll die meisten bisherigen beitragsfinanzierten Sozialversicherungsleistungen ersetzen und entlässt damit den Unternehmer aus der Verpflichtung, Arbeits-, Sozial- und Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen. De facto wird mit dem BGE das Sozialsystem in das Steuersystem integriert.
Mit dem BGE wird der Unternehmer auch aus der Verantwortung entlassen, existenzsichernde Löhne zu zahlen; Arbeitsentgelten käme eine dem BGE aufstockende Funktion zu. Dadurch subventioniert am Ende der Steuerzahler Unternehmen, die lediglich Niedriglöhne zu zahlen brauchen.
Es ist aber nach meinen Vorstellungen Aufgabe des Unternehmers und eben nicht der Steuerzahler, Löhne zu bezahlen, die zum Leben reichen. Denn schließlich ist es auch der Unternehmer, der von der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft profitiert. Um zu gewährleisten, dass auch Löhne bezahlt werden, die zum Leben reichen und um zu verhindern, dass die Lohnspirale immer weiter nach unten purzelt, brauchen wir einen Mindestlohn von mindestens 10 Euro.
Die mit der Einführung von Hartz IV betriebene Entrechtung der Erwerbslosen ist zu stoppen und rückgängig zu machen. DIE LINKE fordert Hartz IV durch eine bedarfsdeckende und repressionsfreie soziale Mindestsicherung zu überwinden. Auch Erwerbslose haben das Recht, ein Leben in Würde führen zu können und müssen die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Dazu bedarf es als ersten Schritt der deutlichen Anhebung der Regelsätze.
DIE LINKE fordert auch, dass die Pflegezeit von allen unabhängig von ihrem Einkommen in Anspruch genommen werden kann. Deswegen wollen wir eine bezahlte Pflegezeit zur Pflege von Angehörigen; für Personen, die die Pflege dauerhaft übernehmen wollen, sind Teilzeitmöglichkeiten und flexible Arbeitsorganisations- und Arbeitszeitregelungen zu ermöglichen.
Ich hoffe, Sie können meine Position nachvollziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Jutta Krellmann