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Frage von Michael U. •

Frage an Jutta Haug von Michael U. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Frau Haug!

Für den EU-Haushalt spielt das Bruttonationaleinkommen (BNE) eine bedeutende Rolle.

Von der Höhe des BNE ist abhängig, wieviel die EU maximal ausgeben darf (derzeit 1,24 % des gesamten BNE des Mitgliedstaaten). Außerdem spielt das BNE eine Schlüsselrolle bei der Aufteilung der Finanzierungslasten auf die Mitgliedstaaten, da die von den Mitgliedstaaten aufzubringenden Eigenmittel weitgehend von der jeweiligen Höhe des BNE abhängig sind.

Der Schriftlichen Anfrage E-5221/08 und der Antwort der Kommission darauf (siehe http://www.europarl.europa.eu ) entnehme ich, dass die für den EU-Haushalt bisher verwendeten BNE-Zahlen möglicherweise nicht korrekt sind, weil sie die tatsächliche Höhe des BNE nicht vollständig berücksichtigen und keine Angaben zur Aufgliederung der unterstellten Bankgebühr (FISIM) enthalten.

Als Berichterstatterin für den EU-Haushalt 2009 empfehlen Sie in Ihrem Berichtsentwurf vom 17. März 2009 ( http://www.europarl.europa.eu ), dass das Parlament den von der EU-Kommission vorgelegten Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2009 mit jüngst vorgenommenen Anpassungen des Systems der Eigenmittel billigen soll.

Hat die Kommission Sie davon in Kenntnis gesetzt, welche BNE-Zahlen nunmehr bei der Berechnung der Eigenmittel zugrunde gelegt werden? Werden nun die vollständigen Zahlen verwendet? Kann man zu dem Schluss kommen, dass das in der Schriftlichen Anfrage beschriebene Problem damit gelöst ist?

Mit besten Grüßen

Michael Urnau

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Urnau,

eine so spezielle Frage zum Thema der Europäischen Eigenmittel erhält man nicht sehr häufig. Umso mehr freue ich mich, Ihnen Ihre Frage zu beantworten.
Mit dem Beschluss des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (2007/436/EG, Euratom) bedeutet BNE das BNE eines Jahres zu Marktpreisen, wie es von der Kommission in Anwendung des ESVG 95 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 berechnet wird (Artikel 2, Absatz 7).
Die Verordnung (EG) Nr. 448/98 des Rates vom 16. Februar 1998 zur Ergänzung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 sieht hinsichtlich der Aufgliederung der unterstellten Bankgebühr im Rahmen des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in Artikel 8 eine Ausnahme vor, mit der "die unterstellte Bankgebühr für die Zwecke sonstiger Gemeinschaftspolitiken so lange nicht aufgegliedert" wird, "bis die Kommission die Methode für die Aufgliederung der unterstellten Bankgebühr gemäß Artikel 5 Absatz 3 festgelegt hat." Zusätzlich klärt Artikel 8, dass "über die Aufgliederung der unterstellten Bankgebühr zur Ermittlung des BNE für die Zwecke des Haushaltsplans und der Eigenmittel der Gemeinschaft" vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig beschlossen" werden muss.
Daraus folgt, dass die in der Schriftlichen Anfrage E-5221/08 von meinem österreichischen Kollegen Herbert Bösch - auf die Sie Bezug genommen haben - zitierte Verordnung (EG) Nr. 1889/2002 sowie die Verordnung (EG) Nr. 448/98 erst dann vollständig in Kraft treten, wenn der Rat eine Entscheidung nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 getroffen hat.
Aus diesem Grund sind die FISIM bisher nicht in der Berechnung des BNE -Anteils der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt entsprechend dem Eigenmittelbeschluss berücksichtigt worden. Folglich sind diese Daten auch nicht im Kommissionsvorschlag zum Nachtrags- und Berichtigungshaushalt 3/2009 zum Tragen gekommen und das konnten sie auch nicht. Sie sind somit in dem von mir verfassten Berichtsentwurf, der am 22. April 2009 zur Abstimmung steht, ebenfalls nicht inkludiert.
Erst seit Oktober 2008 liegen der Europäischen Kommission die von den Mitgliedstaaten vollständig übermittelten Daten zur Aufgliederung der FISIM in die jeweilige nationale volkswirtschaftliche Gesamtrechnung vor. So ist die Kommission nun in der Lage, dem Rat einen entsprechenden Vorschlag zur Beschlussfassung zu unterbreiten.
Wie Sie sicherlich meinen Ausführungen entnommen haben, hat das Europäische Parlament nur bedingt Einfluss auf das System der Eigenmittel. Im Artikel 269 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist festgelegt, dass der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig die Bestimmungen über das System der Eigenmittel der Gemeinschaft festlegt. Dem Europäischen Parlament bleiben also nur wenige Möglichkeiten, auf Eigenmittelbeschlüsse Einfluss zu nehmen. So wird zum Beispiel am 23. April über die Entlastung zur Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2007 im Plenum abzustimmen sein. Auf Initiative des von mir geschätzten Kollegen Herbert Bösch nehmen Artikel 74 bis 76 Bezug auf die FISIM - Problematik.

Die seit über zehn Jahren gleichlautende Forderung der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament nach einer demokratischen, für alle verständlichen und transparenten Finanzierung der Europäischen Union ist zwar alt, aber heute richtiger denn je. Europa wäre ein Stück greifbarer, könnten die Bürgerinnen und Bürger sehen, auf welche Art und Weise die Umsetzung der Politiken der Europäischen Union finanziert wird!

Es grüßt Sie

Jutta Haug