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Jutta Haug
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Frage von Sascha M. •

Frage an Jutta Haug von Sascha M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Haug,

gibt es irgendwo eine Einsichtbarkeit welche Bedienstete des Europa-Parlaments sich an der Klage um die 3,7% Gehaltserhöhung beteiligen und noch wichtiger, dafür zitiere ich mal eine Meldung aus der Zeitung heute:

„Der Personalausschuss hilft den Familien, die kein sehr hohes gemeinsames Einkommen haben“, erläutert Parlamentssprecherin Marjorie Van Den Broeke. Wenn beispielsweise das monatliche Haushaltseinkommen zwischen 5100 und 6500 Euro – netto – liegt, übernimmt das Parlament gut die Hälfte der Kosten für den einwöchigen Aufenthalt im Bergdorf Spiazzi di Gromo in den italienischen Alpen. Von den fälligen 920 Euro müssen die Eltern nur 441 Euro zahlen.

Wenn sich das „nicht sehr hohe Einkommen“ irgendwo jenseits von 11 000 Euro bewegt, gibt es immer noch einen Zuschuss von fünf Prozent. Die „Scuolainmontagna“ bietet „in multilingualer Umgebung“ vormittags Skikurse für die acht- bis zwölfjährigen Kinder und nachmittags „eine Fülle von Kultur- und Bildungsaktivitäten“ wie etwa „Übungen mit Schneehunden“.
Quelle: http://nwzonline.de/Aktuelles/Politik/Nachrichten/NWZ/Artikel/2202388/Viel+Geld+f%FCr+arme+EU-Beamte.html

Gibt es gemäß dem Informationsfreiheitsgesetzes eine Möglichkeit zu erfahren, welche Personen sich diesen "Urlaubszuschuss" für ihre Kinder zahlen lassen?

Besten Dank für Ihre Antwort vorab

Mit einem netten Gruße

Sascha

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mangelmann,

gerne möchte ich Ihre Fragen zum Personal der Europäischen Institutionen beantworten und damit zur Versachlichung der Diskussion beitragen.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass Grundlage für die Indexierung der Dienstbezüge das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaft und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaft ist.

Das Statut ist ein Gesetzgebungsakt des Rates und trat am 1. Mai 2004 mit wichtigen Änderungen in Kraft. Die EU-Verwaltung sollte an die Bedürfnisse einer effektiven und modernen Arbeitsweise angepasst werden. So wurden zum Beispiel flexiblere Beschäftigungsverhältnisse geschaffen, Karrieren vom Dienstalter entkoppelt, eine jährliche Evaluierung der Arbeit des Einzelnen eingeführt und niedrigere Einstiegsgehälter festgeschrieben. So finden Sie im Statut Grundgehälter, die zwischen 1.800 Euro und 18.000 Euro reichen können und die Beschäftigung von Generaldirektoren, Abteilungsleitern, Sekretärinnen, Putzfrauen und Küchenhilfen entlohnen.

Auf Wunsch und Druck des Rates während der Verhandlungen mit der Europäischen Kommission über das Beamtenstatut wurde ein technisches Verfahren zur Ermittlung der Angleichung von Dienstbezügen aufgenommen, um jährliche Auseinandersetzungen um die Lohn- und Gehaltshöhe zu beenden. So ist Anhang XI des Beamtenstatuts Grundlage zur jährlichen Überprüfung des Besoldungsniveaus. Das dort beschriebene Verfahren sieht eine jährliche Gehaltsanpassung auf statistischer Grundlage vor. In die Berechnung fließen die Lebenshaltungskosten in Brüssel, die Lebenshaltungskosten außerhalb von Brüssel und die Gehaltserhöhungen der nationalen Beamten in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden und im Vereinigten Königreich ein. Das Europäische Statistische Amt (Eurostat) hat dabei die Aufgabe, die Qualität der Ausgangsdaten und der statistischen Methoden zu überwachen, die zur Ermittlung der bei der Angleichung der Dienstbezüge berücksichtigten Elemente herangezogen werden. Eurostat tut dies aber nicht vollständig allein, sondern beruft alljährlich im März eine aus Experten der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bestehende Arbeitsgruppe ein, "Gruppe ´Artikel 65 des Statuts´" genannt. Die überprüft die statistische Methodik und ihre Anwendung bei der Berechnung der spezifischen und der Kontrollindikatoren. Spätestens im September wird eine "Gruppe ´Artikel 64 des Statuts´" einberufen, die die statistische Methodik und ihre Anwendung bei der Festsetzung des Brüsseler internationalen Index und der Kaufkraftparitäten prüft.

Auf Grundlage dieser statistischen Methode kam es seit 2004 zu folgenden Indexierungen der Dienstbezüge:
2004......2005........2006......2007.......2008.......2009
1,85%....3,00%.....1,40%....2,30%.....2,20%....3,7%

In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass 2008 eine Tariferhöhung von 3,1% für deutsche Beamte verhandelt worden ist und heute gewerkschaftliche Forderungen für eine Erhöhung um 5% vorliegen. Diese Erhöhungen - wie bereits beschrieben - fließen in die statistische Ermittlung für die Gehaltsanpassungen für europäische Bedienstete mit ein.
Gegen die Entscheidung des Rates vom Dezember des letzten Jahres, eine Anpassung für 2009 nur in Höhe von 1,85% vorzunehmen, gibt es keine Einzelklagen, sondern die Europäische Kommission als Institution klagt gegen den Rat als Institution, da dieser sich nicht an das von ihm vor sechs Jahren beschlossenen Verfahren halten will. Die Kommission ist "Hüterin der EU-Verträge" und kann es von Amts wegen nicht zulassen, das sich über geltendes Recht hinweggesetzt wird.

Hinsichtlich Ihrer Frage zur Berichterstattung über Zuschüsse an Familien für Kinder-Ferienfreizeiten muss ich ebenso auf das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaft und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaft verweisen.
Artikel 1 und Artikel 9 beschreiben, dass Bedienstete der Europäischen Institutionen Zugang zu sozialen Maßnahmen gewährt wird und die Personalvertretung der jeweiligen Institution sich über solche Maßnahmen an der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen beteiligt.
Wie in jeder Öffentlichen Verwaltung bekommt der Personalrat der Europäischen Parlamentsverwaltung sogenannte Verfügungsmittel. Über die Verwendung dieser Mittel kann (und das sollte er auch wie überall dürfen) der Personalrat vollständig selbständig entscheiden, auch welche sozialen Kriterien er für seine Zuschüsse zu Grunde legt.
Für 2010 ist auf der Haushaltszeile 1630 Maßnahmen zugunsten des Personals des Organs/ Sozialer Dienst ein Zuschuss für den Personalrat in Höhe von 167.000 Euro beschlossen worden. Aus diesem Betrag werden 84.050 Euro für Kinderfreizeiten bereitgestellt, die sowohl dem sprachlichen als auch dem kulturellen Austausch der Kinder untereinander dienen. Der Elternbeitrag ist gestaffelt und von den Gremien des Personalrats beschlossen. So wird bei einem Familieneinkommen von weniger als 3000 Euro ein Elternbeitrag von 230 Euro (=25%) fällig und bei einem Familieneinkommen von mehr als 11000 Euro ist ein Beitrag von 874 Euro zu leisten. Für diesen Zuschuss kann sich jeder Parlamentsbediensteter bewerben.

Die aktuellen Diskussionen zum Thema basieren also häufig auf Halb- und Unwissen. Ich hoffe, dass Ihnen die Fakten für die weitere Diskussion hilfreich sind.

Es grüßt Sie
Jutta Haug