Frage an Jutta Eckenbach von Richard Friedrich A. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Eckenbach,
dem Vernehmen nach soll noch in diesem Monat ein Gesetz rein im Sinne der Versicherungswirtschaft auf wesentliche Kürzung der Bewertungs-Reserven für über 90 Mio.Lebens-Versicherungs-Verträge durch die legislative kalte Küche gepeitscht werden, ohne das Verbraucherschützer sich an einer sachlichen Diskussion beteiligt werden sollen. Das stinkt doch erheblich nach Lobbyismus für die Versicherungs-Wirtschaft mit der finsteren Absicht, ca.90 Mio.Lebensversichterten- Verträge so quasi zu Enteignen und so die Versicherten um Ihre teils jahrzehntelang eingezahlten Prämien und deren angemessene Verzinsung zum Ablauf der Versicherungen selbst zu bringen. Neben einer immer schwächer werdenden Rentenversicherung ist daher diese bewusste Schwächung der privaten Altersvorsorge völlig kontraproduktiv und mithin völlig unverantwortlich im Sinne der Versicherten.
Bitte teilen Sie mir dazu mit, wie Sie denn bei diesem Thema abstimmen werden oder ob und was Sie dagegen unternehmen werden, um sich so nicht zu einem möglichen Handlanger der blossen Interessen der Versicherungswirtschaft nur auf Kosten der zahlreichen so geschädigten Versicherungsnehmer degradieren zu lassen.
Mit besten Grüßen
Richard Friedrich Arens
Sehr geehrter Herr Arens,
aufgrund eines technischen Defektes seitens "abgeordnetenwatch.de" ist mir Ihre Fragestellung erst jetzt übermittelt worden. Auch wenn das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) bereits seit 1.8.2014 in Kraft getreten ist, kann ich Ihnen zu Ihrer Fragestellung folgende Rückmeldung geben.
Die Lebensversicherung hat sich als ein Instrument zur Altersvorsorge über viele Jahrzehnte bewährt. Die CDU/CSU will, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Es gab Ende 2012 in Deutschland etwa 88 Millionen Lebensversicherungsverträge, die oft Laufzeiten von 20 und mehr Jahren haben.
Ziel des am 4. Juli 2014 im Bundestag verabschiedeten Gesetzes ist es, dass alle Versicherungsnehmer die ihnen zugesagten Leistungen aus Lebensversicherungsverträgen verlässlich erhalten.
Hierfür ist es erforderlich, die Vorschriften zur Beteiligung an den Bewertungsreserven sachgerecht anzupassen. Das Augenmerk lag dabei auf den Bewertungsreserven aus älteren festverzinslichen Wertpapieren, bei denen noch einige Jahre lang hohe Zinszahlungen fällig werden. Die Beteiligung an den Bewertungsreserven lässt sich dadurch veranschaulichen, dass den Versicherten bei Vertragsbeendigung ein Teil der künftigen Zinszahlungen mitgegeben wird. Nach den seit 2008 geltenden Vorschriften wird Versicherten, deren Vertrag in Kürze abläuft, gegenwärtig ein besonders hoher Teil der künftigen Zinszahlungen mitgegeben. Dies liegt daran, dass die Bewertungsreserven wegen des Niedrigzinsumfelds stark gestiegen sind. Im Ergebnis steht damit ein hoher Teil der künftigen Zinszahlungen nicht mehr der großen Mehrheit derjenigen Versicherten zur Verfügung, deren Vertrag erst später ausläuft. Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, diesen unsachgemäßen Effekt in der Beteiligung an den Bewertungsreserven zu begrenzen.
Das Gesetz sieht deshalb vor, dass Bewertungsreserven, die für die Sicherstellung des Garantiezinses für alle Versicherten benötigt werden, in der Versichertengemeinschaft verbleiben. Dies gilt ausdrücklich nur für Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren, weil diese – über die Laufzeit des Wertpapieres betrachtet – immer nur vorübergehenden Charakter haben. Die Regeln zur Beteiligung der ausscheidenden Versicherten an Bewertungsreserven aus Aktien und Immobilien wird nicht verändert.
Die Neuregelung zu den Bewertungsreserven ist eingebettet in ein Maßnahmenpaket, bei dem Versicherungsunternehmen, Anteilseignern (Aktionären) und Versicherungsvertrieb ein angemessener Beitrag abverlangt wird. Das Gesetz sieht hierzu insbesondere vor:
· Die Unternehmen und ihre Manager müssen sich noch intensiver mit ihrer Risikosituation auseinander setzen. Die Aufsicht erhält erweiterte Eingriffsbefugnisse gegenüber den Unternehmen. Ziel dieser Maßnahmen ist eine hohe Verlässlichkeit der künftigen Auszahlungen der Lebensversicherer an ihre Kunden.
· Die Lebensversicherungsunternehmen müssen ihre Kunden stärker als bisher am Risikoüberschuss beteiligen. „Risikoüberschüsse“ entstehen im Wesentlichen aus einer vorsichtigen Kalkulation der Sterblichkeit der Versicherten.
· Die Aktionäre der Unternehmen erhalten keine oder geringere Dividenden, wenn Maßnahmen zur Sicherung der den Kunden garantierten Leistungen zu ergreifen sind.
· Die Unternehmen werden zu mehr Kostentransparenz verpflichtet und zu Kostensenkungen angehalten – vor allem im Vertrieb.
Das Gesetz sieht ferner vor, dass ausschließlich für Neuverträge ab dem Januar 2015 der Garantiezins auf 1,25 % abgesenkt wird. Wie in den vergangenen Jahrzehnten muss der Garantiezins auch in Zukunft das allgemeine Zinsniveau berücksichtigen. Würde der Garantiezins zu hoch angesetzt, müssten die Versicherer einen zu großen Anteil der Kundengelder zur Absicherung der Garantie einsetzen, was im Ergebnis sogar zu einer geringeren Ausschüttung an die Kunden führen könnte.
Ich bin überzeugt davon, dass es sich bei diesem Lebensversicherungsreformgesetz um ein ausgewogenes Maßnahmenpaket handelt, mit dem die vertraglich garantierten Leistungen der Lebensversicherer an ihre Kunden auch mittel- bis langfristig stabil erfüllt werden können. Es steht im Einklang mit entsprechenden Empfehlungen, die der Internationale Währungsfonds noch im Mai 2014 an Deutschland ausgesprochen hat. Es greift zudem die grundlegende Analyse der Deutschen Bundesbank in ihrem Finanzmarktstabilitätsbericht 2013 auf. Gern übersende ich Ihnen auch das Protokoll zur Debatte im Plenum zu. Wenden Sie sich zu diesem Zweck gern per Mail unter jutta.eckenbach@bundestag.de an mich.
Mit freundlichen Grüßen
Jutta Eckenbach