Frage an Julia Willie Hamburg von Michael E. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau hamburg
wie stehen zu einer Dokomentationstätte zum verbotenen Dorf in Bad Nenndorf um rechte Geschichtkliterung zu vermeiden und Gedenkstätte am Bückeberg und in Goslar Reichsbauernstadt
Sehr geehrter M. E.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Aus der Geschichte lernen wir, wie wichtig der Einsatz gegen Rassismus und Hetze wirklich ist. Deshalb muss das Gedenken an und die Auseinandersetzung mit den Schrecken der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft lebendig gehalten und die Vielfalt des Erinnerns in Schulen, Bildungsstätten, Kommunen und allen historisch wichtigen Orten und Gedenkstätten unterstützt werden. Hier ist insbesondere auch das ausbauen und erhalten dezentraler Gedenkstättenarbeit und eine Stärkung der Zivilgesellschaft wichtig. Die Stiftung Niedersächsischer Gedenkstätten leistet eine breit aufgestellte und hervorragende Arbeit, die wir als Grüne unterstützen und auch weiter stärken wollen.
Meine Fraktion hat sich wiederholt für die Einrichtung eines Gedenkortes am Bückeberg eingesetzt. Der Bückeberg in der Gemeinde Emmerthal im Landkreis Hameln-Pyrmont war einer der größten Versammlungs- und Propagandaorte des NS-Regimes. Hier fand in der Zeit von 1933 bis 1937 unter freiem Himmel das jährliche "Reichserntedankfest" statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltungen stand die Glorifizierung von Führerkult, Nationalismus und Faschismus. Meine Fraktion hat im April vergangenen Jahres einen Entschließungsantrag (Drucksache 18/645) in den Landtag eingebracht, der den Vorstoß des Vereins für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln e.V. und des Landkreises Hameln-Pyrmont unterstützte und den Einsatz landeseigener Mittel von der Landesregierung einforderte. Mit Zustimmung der Landesregierung konnte eine Lösung im Sinne eines Gedenkortes gefunden werden. Wir werden uns als Grüne auch weiterhin für den Ausbau des Gedenkortes und den Erhalt der finanziellen Unterstützung durch das Land Niedersachsen einsetzen.
Wie am Bückeberg fanden auch in Goslar völkische Veranstaltungen, die der ideologischen Inszenierung des NS-Staates dienten, statt. 1936 wurde Goslar zur Reichsbauernstadt ernannt. Dort fanden bis zum Kriegsende die jährlichen Reichsbauerntage statt an denen sogenannte "Blut und Boden Schwüre" praktiziert wurden. Neonazis nutzen die Geschichte der Stadt auch heute noch, um ihre Ideologie in die Öffentlichkeit zu tragen. Deshalb muss die Erinnerung an die Geschichte Goslars im faschistischen Deutschland wachgehalten werden. Hier leistet insbesondere das Museum und Besucherbergwerks Rammelsberg eine wichtige Arbeit. Einer weitergehenden Auseinandersetzung mit einer Gedenk- oder Dokumentationsstatte stehe ich offen gegenüber und würde Vorstöße in diese Richtung sehr unterstützen. Viele Orte bieten hier Anknüpfungspunkte für Erinnerungsarbeit.
Im Verhörzentrum im Winklerbad in Bad Nenndorf der britischen Besatzungsarmee wurden nach der Kapitulation Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg Mitglieder der SA, der SS und der Gestapo verhört und teilweise auch gefoltert. Das Lager wurde nach Bekanntwerden der Vorfälle unmittelbar geschlossen und Ermittlungen eingeleitet. 1948 kam es auch zu Verurteilungen. Die Vorfälle wurden somit aufgearbeitet und auch rechtlich geahndet. Auch vor Ort gibt es immer wieder eine Auseinandersetzung mit diesem Thema. Gerade in Bad Nenndorf sehe ich eine hohe Sensibilität und Verantwortung im Umgang mit Erinnerungsarbeit und eine gute Debattenkultur. Hier leistet insbesondere die Zivilgesellschaft viel.
Mit freundlichen Grüßen
Julia Willie Hamburg