Warum verkünden Sie öffentlich, nicht "gegen rechts" demonstrieren zu wollen, fordern aber den Bürgermeister von Kreuznach auf, eine solche Demo zu organisieren?

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich habe in meinem Schreiben an den Oberbürgermeister den Begriff "rechts" bewusst nicht verwandt. Das hat die Zeitung leider falsch und irreführend als Zitat wiedergegeben. Ich habe ihm geschrieben, da es herausfordernde Zeiten für unser Land und unsere Demokratie sind. Die Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv über das Geheimtreffen von Rechtsextremen und AfD-Funktionären haben wachgerüttelt. Und die Umfragen vor den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen zeigen: 2024 könnte ein Schicksalsjahr für Deutschland werden. Dem müssen wir begegnen. Dass tausende Bürgerinnen und Bürger seit Tagen in vielen Städten auf die Straße, um gegen die extremistischen Tendenzen in unserer Gesellschaft und die menschenverachtende Politik der AfD zu demonstrieren, ist großartig und ein kraftvolles Zeichen unserer Zivilgesellschaft. Deshalb habe ich eine solche Kundgebung auch für Bad Kreuznach angeregt.

Demokratie verteidigen, da sind wir uns sehr einig. Aber Bad Kreuznach gegen rechts? Ist Bad Kreuznach auch gegen links? Ich bin mir sicher, dass es gegen Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus geht. Wenn Links im demokratischen Spektrum in Ordnung ist, dann ist es Rechts auch. Aber Radikalismus und Extremismus sind es nicht. Und diese sprachliche Klarheit ist keine Lappalie. Oder wie verorten die, die aufrufen, gegen rechts zu demonstrieren, die CDU?  Wenn sie sagen, die CDU ist die Mitte, dann kann ich damit sehr gut leben. Aber wenn sie uns rechts der Mitte, die SPD links der Mitte sehen - dann ist es schwierig zu verstehen, wie man pauschal gegen rechts demonstrieren kann. Die einzigen, die das so richtig freut, das sind die AfDler, dass die Union mit ihr in einen Topf geworfen und damit die AfD verharmlost wird. Kurzum: Für Demokratie und gegen Extremismus - da kommen wir zusammen.

Bei der Kundgebung in Bad Kreuznach am kommenden Dienstag wäre ich sehr gerne dabei. Es ist gut und wichtig, dass auch bei uns an der Nahe demonstriert wird. Leider ist in Berlin Sitzungswoche des Deutschen Bundestages, wo wir Parlamentarier Anwesenheitspflicht haben. Deshalb werde ich leider nicht vor Ort sein können.

Herzliche Grüße,
Julia Klöckner