Frage an Julia Klöckner von Helmut S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Klöckner,
mit Bravour haben Sie in der TV-Senung "hart aber fair" die Umrechnung einer Preisangabe von 100 Gramm auf 1 Kilogramm umgerechnet.
Sie haben aber folgendes übersehen, bzw,. nicht beachtet:
1.) Warum gibt es keine einheitlichen Preisangaben in nur einer Gewichtseinheit.? Hier wird doch offensichtlich versucht, den Verbraucher zu verwirren.
2.) Warum sind die Preisangaben, bzw. Informationen an der Regalleiste so klein und oft so tief angebracht, daß ein älterer Mensch sie nicht mehr lesen kann?
3.) Warum wird auf vielen Verpackungen der Produktname riesig groß geschrieben, die Zutaten aber winzig klein? Wenn dann noch mit schwarzer Schrift auf rotem oder blauem Untergrund geschrieben wird, ist das überhaupt nicht mehr erkennbar.
4.) Warum sträubt sich Bundeslandwirtschaftsministerin Frau Aigner gegen die Ampelkennzeichnung von Lebensmittel. Der ehemalige Bundesverbraucherminister Seehofer war doch dafür!
5.) Warum habe ich ständig das Gefühl, daß der Verbraucher von Euch Politikern ständig verarscht wird, und Ihr Politiker nur Marionetten der Lebensmittelindustrie seit?
6.) Bei der oben genannten TV-Sendung stellte der Kommunikationsberater Klaus Kocks fest: "Produktverpackungen sind Werbung und keine Information. Nur Idioten fallen darauf herein und glauben, dass die Erdbeere auf dem Joghurtdeckel auch wirklich im Becher ist".
Frau Klöckner, denken Sie mal darüber nach, was diese Aussage beinhaltet! Dass dieser Mensch ungestraft so eine Aussage machen darf, macht mich sehr wütend.
Für mich drängt sich außerdem die Frage auf, ob dieser Mensch, bzw. die Lebensmittelindustrie, aber nicht nur den Verbraucher, sondern auch die zuständigen Politiker für Idioten hält?
Lieber Herr Strobel,
vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie mich auf meinen Gastauftritt bei der Sendung "Hart aber fair" in Sachen Lebensmittelkennzeichnung ansprechen. Gerne antworte ich Ihnen hierauf.
Ich stimme Ihnen voll und ganz zu: Die Beschriftung vieler Produkte im Lebensmittelbereich lässt oftmals zu wünschen übrig. Aber generell verteufelt und alle über einen Kamm bürsten, sollte man nicht. Nicht alle Firmen zeichnen ihre Produkte schlecht aus oder täuschen Verbraucher. Dennoch müssen wir dort, wo eine Täuschung vorliegt, auch gesetzlich hart durchgreifen. Wie ich in der Sendung schon erwähnte, werden die Versuche einiger Firmen durch angeblich gesundheitsbezogene Werbung Verbraucher in die Irre zu führen, ab Januar Einhalt geboten. Die so genannte Health-Claims Verordnung sieht vor, dass Produkte - wie die von Herrn Bode vorgestellte Cornflakes-Packung - künftig so nicht mehr beworben und beschriftet werden dürfen. Auch Bundesernährungsministerin Ilse Aigner verfolgt dieses Thema im übrigen intensiv. Vergangene Woche gab es in Berlin einen Runden Tisch bezüglich Nährwertangaben auf Produkten. Verschiedene Ansätze wurden dabei diskutiert. Ziel ist, dem Verbraucher eine bessere Übersicht zu geben, wie viel Fett, Zucker, Salz oder etwa Kalorien ein Produkt hat. Simplifizierende Farbpunkte - wie die reine Ampelkennzeichnung sie vorsieht - bedeuten aber schlichtweg irreführende Informationen. Es gibt keine richtigen oder falschen Lebensmittel, die man mal schnell in rot oder grün einordnen kann. Es gibt zum Beispiel Lebensmittel mit wenig Zucker, die müssten einen grünen Punkt bekommen, haben aber viel Fett, also ein roter Punkt. Wenn die als Kompromisslösung einen gelben Punkt bekämen, wäre dem Kunden nicht geholfen. Was wir brauchen, ist eine klare und verständliche Kennzeichnung. Aber eben nicht diese simple Schwarz/Weiß-Einteilung. Zugegeben: Es hilft nichts, wenn auf der Rückseite einer Schachtel klein gedruckte Nährwerttabellen stehen, mit vielen Abkürzungen, deren Bedeutung sich dem Konsumenten nicht erschließen. Aber ein Mehr an Informationen bedeutet nicht immer auch ein Mehr an Wissen. Wir brauchen eine mutige Reduzierung von Angaben auf der Packungsvorder- bzw. -oberseite. Die Kalorienzahl sollte deutlich als Angabe dort zu sehen sein sowie die Prozentangabe, wie viel meines Tagesbedarfs ich damit decke.
Lieber Herr Strobel, Sie sehen, wir arbeiten daran, dass der Dschungel im Supermarkt überschaubarer wird. Dort wo Gesetze nützen, bessern wir nach. Ganz ohne die Eigenverantwortung des Verbrauchers geht es aber auch nicht. Vergleichen und durch sein Kaufverhalten seine Macht zum Ausdruck bringen, das muss für jeden von uns im Supermarkt oberstes Gebots sein. Aussagen wie die von Herrn Kocks sind Extrempositionen. In der Politik geht es aber immer um einen gesamtgesellschaftlichen Interessensausgleich. Herr Bode hat das Interesse zu polarisieren, weil er Spenden für seine Organisation sammelt. Herr Kocks hat das Interesse zu polarisieren, weil er als PR-Berater Aufträge sammelt. Und Politiker müssen abwägen, welche Gesetze Sinn machen. Pauschalitäten helfen da nicht weiter.
Beste Grüße,
Julia Klöckner