Frage an Jürgen Klimke von Jürgen K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag sehr geehrter Herr Klimke,
in diversen Pressepublikationen lese ich ca. seit Okt. 2008, dass in Bundesministerien noch immer eine Vielzahl von Mitarbeitern bei der Entwicklung und Abfassung von Gesetzestexten tätig sind, die als Beauftragte, Abgesandte oder direkte Delegierte von Interessenverbänden bzw. Großunternehmen dirket in die Gesetzgebung eingreifen und den Interessen ihrer Auftraggeber entsprechend der Gesetzgebung diese oder jene Ausrichtung geben.
Da ich dies für eindeutige Korruptionsstrukturen halte, bin ich darüber natürlich mehr als nur entrüstet und möchte von Ihnen erfahren, welche Aktivitäten Sie als der Bundestagsabgeordnete meines Wohnortes dagegen ergriffen haben.
Im voraus dankend und mit freundlichem Gruß
Jürgen Klinger
Sehr geehrter Herr Klinger,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage auf www.abgeordnetenwatch.de.
Ihre Behauptung, es würden immer noch Mitarbeiter oder Abgesandte von Großunternehmen direkt in die Gesetzgebungsverfahren in den Bundesministerien eingreifen, entspricht so nicht den Tatsachen.
Hier muss zunächst zwischen zwei Bereichen unterscheiden: Einerseits ist es in besonderen Situationen erforderlich, dass die Ministerien externe Berater engagieren und bezahlen, die bei sehr spezialisierten Gesetzgebungsvorhaben mit ihrem Fachwissen mitarbeiten. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Lobbyisten oder Verbandsvertreter sondern z. B. spezialisierte Anwaltskanzleien. Dieser Einsatz ist darin begründet, dass in den Ministerien für solche Ausnahmefälle wie die Gesetzentwürfe zur Stabilisierung des Finanzmarktes kein ausreichendes Detailwissen vorgehalten werden kann.
Andererseits gibt es externe Personen in den Ministerien, die allerdings durch einen Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom Juni 2008, der die Erstellung einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift nach sich zog, an verbindliche Regeln gebunden sind. So ist z. B. verboten, dass externe Personen Gesetzentwürfe und Rechtsetzungsakte formulieren, in Leitungs- oder Kontrollbereichen oder in sensiblen Bereichen wie der Auftragsvergabe arbeiten. Besonderen Wert wird auf die Transparenz gelegt. So soll der Status einer externen Person bei allen innerdienstlichen und Außenkontakten kenntlich gemacht werden. Die Bundesregierung informiert zudem den Haushaltsausschuss des Bundestages in einem halbjährlichen Bericht detailliert über die externen Personen.
Mit dem Beschluss des Haushaltsausschusses wurden grundsätzliche Bedenken vieler Abgeordneter in der CDU/CSU-Fraktion aufgegriffen, auch von mir. Bereits in der Vergangenheit ist das Thema mehrfach in den parlamentarischen Gremien erörtert worden. Dabei bestand in der Unionsfraktion immer weitgehend Einigkeit, klare Grenzen für den Einsatz Externer zu ziehen. Keine Frage: Einsätze von Externen, die Zweifel an der staatlichen Neutralität aufkommen lassen, sind nicht akzeptabel. Einsätze in Bereichen mit dem Risiko von Interessenkonflikten sowie materielle und fachliche Abhängigkeiten müssen ausgeschlossen sein und umfassende Transparenz geschaffen werden. Dies war schon zu rot-grünen Zeiten eine Kernforderung der Union.
Mit einem völligen Verbot der Beschäftigung Externer in den Bundesbehörden allerdings würde man über das Ziel hinausschießen. Denn auf der einen Seite kann der Personalaustausch mit Wirtschaftsunternehmen und Verbänden in Einzelfällen durchaus sinnvoll sein, um den Beschäftigten Einblicke in die Entscheidungsabläufe der jeweils anderen Stelle zu vermitteln und so ein gegenseitiges Verständnis zu fördern. Wirtschaft und Verwaltung sollen und können so voneinander lernen – im positiven Sinne. Hinzu kommt, dass manchmal temporär externer Sachverstand für spezifische Bereiche erforderlich sein kann. Diese Möglichkeit ist vor allem in Bereichen mit besonders spezifischen technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von großer Bedeutung.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Klimke