Frage an Jürgen Klimke von Sascha A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Seit 11 Jahren arbeite ich als selbstständiger Unternehmensberater, leiste Abgaben, zahle Steuern, sorge für meine Altersversorgung. Mein Lebensmodell ist darauf ausgerichtet, keine Ansprüche an Leistungen von der Gemeinschaft zu stellen. Ich bin selbständig.
Am 16.02.2016 will das BMAS den Gesetzesentwurf gegen den Missbrauch von Werkverträgen dem Kabinett vorstellen. Dieser wirkt sich auch auf mich aus, obwohl ich selbst nach Abzug der Betriebskosten ein weitaus höheres Nettoeinkommen habe, als ein vergleichbarer Angestellter.
Die Kriterien zur Definition von Scheinselbständigkeit des §611a, BGB erklären mich zum Scheinselbständigen.
Insgesamt ca. 2,7 Mio. Einzelselbständige befinden sich in vergleichbarer Lage.
Wollen Sie, dass ein Steuervolumen von mehreren Mrd. Euro entfällt und stattdessen die Zahl der Privatinsolvenzen und ALGII-Empfänger in die Höhe geht?
Kann es im Sinne des Wirtschaftsstandortes Deutschland sein, wenn das einzige Mittel dem Fachkräftemangel auf dem Sektor der Wissensarbeit auf flexible Weise zu begegnen, per Gesetz abgeschafft wird?
Ist es gewollt, dass in der Folge Innovationsprojekte ins Ausland verlagert oder gar nicht durchgeführt werden?
Was soll ich tun? Meinen Beruf werde ich in der gewohnten Form nicht mehr ausüben dürfen, meine Familie (drei Kinder im Alter von 9, 7 und 2 Jahren) nicht mehr versorgen, meine bisher aufgebaute Altersversorgung finanziell nicht mehr bedienen können. Ich stehe buchstäblich vor dem Nichts, wenn dieses Gesetzesvorhaben in der geplanten Form umgesetzt wird. Vielen Kolleginnen und Kollegen ergeht es nicht anders.
Ich bitte Sie, für die Nachbesserung des Gesetzesentwurfes einzutreten. Der Grundgedanke des Gesetzes ist zweifellos gut. Der Gesetzgeber muss seiner Fürsorgepflicht gegenüber Schutzbedürftigen nachkommen. Nur darf es nicht sein, dass dies zu Lasten der nicht Schutzbedürftigen geschieht.
Hintergrundinformationen finden Sie hier http://dbits.it/themen/scheinselbststaendigkeit-index.html .
Sehr geehrter Herr Adams,
vielen Dank für Ihre Frage, in der Sie Ihre Sorge hinsichtlich der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ausdrücken. Richtig ist, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor kurzem einen Entwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vorgelegt hat. Dabei ist zu betonen, dass es sich um einen reinen Diskussionsentwurf handelt. Dies bedeutet, dass die Änderungen zunächst diskutiert und im Detail auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Der Beginn eines entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens ist momentan noch unklar. CDU/CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag die Zielsetzung verabredet, wirksame Regelungen gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zu treffen. Es ist unser gemeinsames Ziel gute Arbeit für alle zu schaffen – das heißt sicher und gut bezahlt. Für uns gehören Werkverträge zu einem selbstverständlichen Teil der Wirtschaft. Handwerker, Rechtsanwälte, Ärzte und jede Form von Dienstleistern betreiben seit Jahrhunderten ihre Tätigkeiten rechtlich als Werk- oder Dienstvertrag. Die Arbeitnehmer, die in einem Werkvertragsunternehmen arbeiten, befinden sich in einem ganz normalen Arbeitsverhältnis mit allen Schutzmechanismen. Was wir in Unternehmen vereinzelt als Missbrauch beobachten, fußt nach unserer Ansicht in der Regel nicht auf mangelnde gesetzliche Regelungen, sondern auf Verstöße gegen vorhandene Gesetze und das muss geahndet werden. Auf der anderen Seite ist die Frage, ob ein Werkvertrag vorliegt oder in Wirklichkeit ein Arbeitnehmer an den Werkbesteller überlassen wird, problematisch und in der Praxis nicht einfach zu beantworten. Ich denke, dass dies anhand bestimmter von der Rechtsprechung entwickelter Kriterien gut zu bewerten ist, gerade aufgrund der Vielzahl von Einzelfällen. Dafür sind die Instrumentarien vorhanden.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Klimke