Frage an Jürgen Klimke von Gisela B. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Hallo Herr Klimke,
wie ist Ihre persönliche Einstellung zu den Kirchhof-Ideen? Ich habe mit zunehmendem Entsetzen TV-Auftritte von Prof. Kirchhof gesehen. Redete er gegen Eichel ständig dazwischen,was mehr fanatisiert als souverän wirkte, so wirkte er bei Maischberger tendenziell überheblich, als er u. a. seine Steuervorstellungen "Juwel" nannte. Kein Wunder, dass eine Zeitung ihn "Steuer-Narziss" nannte. Ich fühle mich eher an Rasputin erinnert, was den steuerpolitiischen Einfluss auf Frau Merkel angeht. Für einen solchen Mann als Finanzminister kann ich kaum stimmen, sondern muss dann meine Stimme splitten. Hoffentlich wird Herr Kichhof nicht noch zum Friedhof der CDU-Hoffnungen. Schliesslich würden seine Vorstellungen betr. Nacht- und Feiertagszuschläge, die gestrichen werden sollen, auf eine Mehrbelastung auch mittelstänischer Ubternehmen hinauslaufen, wenn die Arbeitnehmerverluste durch höhere Löhne kompensiert werden sollen. Das widerspricht doch der Forderung Anreize für mehr Arbeitsplätze zu geben. Werden Sie versuchen sicherzustellen, dass Kichhof nach der Wahl "an der Leine" bleibt?
Ich denke, dass Kirchhof am Ende die "Grosse Koalition" erzwingen wird.
Können Sie meine Sorgen ausräumen?
Giselas Busse
Sehr geehrte Frau Busse,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben und Ihre Frage zu den Vorschlägen von Professor Kirchhof.
Leider kann ich das Auftreten von Professor Kirchhof in den von Ihnen angesprochenen Fernsehsendungen nicht beurteilen, weil ich sie aufgrund meiner eigenen Wahlkampfaktivitäten nicht verfolgen konnte. Ich habe von Bodo Kirchhof den Eindruck eines entschlossenen Menschen mit einer Vision für ein einfacheres Steuerrecht, für die er auch sehr engagiert eintritt. Dass er dabei nicht unbedingt ein Mann der leisen Töne ist, war uns bekannt und das hat die Union auch bewusst in Kauf genommen.
Die eigentlichen Steuervorschläge von Professor Kirchhof halten wir sehr wohl für gerecht, weil durch die Streichung von Ausnahmetatbeständen und Steuerschlupflöchern gerade Gutverdiener endlich den Steuersatz zahlen, der auf dem Papier steht. Belohnt werden nur Besserverdienende, die heute nicht von Steuersparmöglichkeiten Gebrauch gemacht haben. Für die Bezieher kleiner Einkommen gelten Freibeträge in Höhe von 8000 Euro pro Person sowie eine zusätzliche Pauschale für Arbeitnehmer in Höhe von 2000 Euro. Darüber hinaus werden die ersten zu versteuernden 5000 Euro mit 15%, die zweiten 5000 Euro mit 20% besteuert. Damit wird der volle Steuersatz von 25% erst bei einem Einkommen ab 20001 Euro erreicht, für Ehepartner verdoppeln sich diese Sätze. Als Konsequenz ergibt sich auch aus dem Kirchhof-Modell, das Geringverdiener prozentual viel weniger Steuern zahlen als Gutverdiener und das viele Geringverdiener mit dem Kirchhof-Modell besser fahren würden als heute.
Allerdings ist das Steuermodell von Professor Kirchhof als langfristiges Ziel konzipiert. Zum 1. Januar 2007 soll das im Wahlprogramm der Union formulierte Ziel eines linear-progressiven Tarifs umgesetzt werden, der bei 12% einsetzt und bei 39% endet. Ein steuerlicher Grundfreibetrag in Höhe von 8000 Euro pro Person (also auch für Kinder) entlastet Geringverdiener, insbesondere Familien mit Kindern. Im Gegenzug werden hier (und nicht erst bei Kirchhof) einige Steuervergünstigungen abgebaut, zu denen auch die Steuerfreiheit der Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge zählt. Allerdings wird die Steuerfreiheit hier über einen Zeitraum von 6 Jahren bis 2012 Schritt für Schritt abgebaut, damit sich die Tarifparteien darauf einstellen können.
Wir vertreten in dieser Sache die Auffassung, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, Feiertags, Sonntags- oder Nachtarbeit durch Steuervergünstigungen zu subventionieren. Ich bin sicher, dass die Tarifparteien hier geeignete Lösungen für die Beschäftigten finden werden, die für beide Seiten akzeptabel sind.
Ich bin selbst als mittelständischer Unternehmer ein Vertreter mittelstandsfreundlicher Politik. Ich begrüße es, dass die CDU mit der Reduzierung der Lohnzusatzkosten und der Entkopplung der Gesundheitskosten von den Löhnen sowie einer Vielzahl von speziell auf den Mittelstand gemünzter Regelungen hier auf einem guten Weg ist. Ich vertrete jedoch die Auffassung, dass dann bei allen Beteiligten die Bereitschaft zum Verzicht auf liebgewordene Subventionen vorhanden sein sollte.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Klimke