Frage an Jürgen Filius von Stefan K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Filius,
seit einiger Zeit schwelt die Affäre um den Polizeispitzel "Simon Brenner"; die vorige Landesregierung wollte hierzu keine Aufklärung leisten, was u.a. auch von der damaligen Opposition scharf kritisiert wurde. Nun muss ich lesen, dass auch die jetzige grün-rote Landesregierung scheinbar kein Interesse mehr daran hat die Bevölkerung aufzuklären und Konsequenzen zu ziehen (s. z.B. https://www.taz.de/t10/Spitzelaffaere-Simon-Brenner/!80749/ ).
Die Landesregierung ist offiziell mit anderen Zielsetzungen in die Legislaturperiode gestartet, insbesondere mit obama-esken Versprechungen eines politischen Wandels und Regierungsarbeit "von unten". Daher empfinde ich es nicht als akzeptabel, dass bei diesem Thema weiterhin die notwendige Aufklärung verhindert wird.
Meine Fragen hierzu, die ich Ihnen stellvertretend als Mitglied des Innenausschusses, rechtspolitischem Sprecher der Grünen-Fraktion und Abgeordneten für meinen Wohnsitz Ulm stellen möchte:
1. Ist es das letzte Wort von Landesregierung und Landtagsfraktionen, diese Affäre weiterhin mit Verweis auf "notwendige Geheimhaltung" unter den Tisch zu kehren und damit weitere Vertrauensverluste in die demokratischen Staatsorgane in Kauf zu nehmen?
2. Wenn ja, welche Erwartungen dürfen wir an das geplante Informationsfreiheitsgesetz stellen, das im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist? Wird es dort Klauseln geben, die politisch unangenehme Fakten von der Transparenz ausnehmen werden?
3. Müssen wir uns darauf einstellen, dass die Landesregierung weiterhin rechtlich zweifelhafte verdeckte Ermittlungen veranlasst oder billigt und damit Misstrauen innerhalb legaler zivilgesellschaftlicher Gruppen sät?
4. Gibt es Bestrebungen innerhalb von Landesregierung oder Landtagsfraktionen, im Bereich der Polizeiarbeit mehr demokratische Kontrolle zu ermöglichen?
Für Ihre Antworten vorab vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Kruppa, sehr geehrter H. D.,
vielen Dank für Ihre Anfragen, ich bin so frei, beide in einer Antwort abzuhandeln.
Bei der Aufklärung der „Spitzel-Affäre“ soll keineswegs etwas unter den Tisch gekehrt werden. Im Gegenteil, wir GRÜNE haben gegenüber dem Innenministerium durchsetzen können, dass alle Akten dem Gericht übergeben werden. Der beanstandete „Sperrvermerk“ betrifft nur die Schwärzung personenbezogener Daten, denn gerade im staatlichen Handeln ist der Datenschutz oberstes Gebot. Das Vorgehen ist übrigens ausdrücklich mit dem Landesdatenschutzbeauftragten Klingbeil abgestimmt.
Genauso wird auch das Informationsfreiheitsgesetz ausfallen: es werden nur persönliche Daten geheim gehalten. Der Beauftragte für den Datenschutz wird häufiger als bisher zu Rate gezogen.
Sie können davon ausgehen, dass ich als rechtspolitischer Sprecher dafür stehe, AUSSCHLIESSLICH rechtlich einwandfreie Ermittlungsmethoden einzusetzen. Übrigens konnten wir als Fraktion bereits aufklären, dass es außer des Falls Brenner/Bromma keine weiteren VE gab. Dort, wo kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, was fast immer der Fall ist, wurden die Daten aus der Tätigkeit des VE gelöscht.
Ich persönlich habe große Zweifel an der Angemessenheit des Einsatzes. Es ist jedoch Sache der Justiz, die Legalität zu klären. Politisch steht für mich fest, dass die Aktion sich so nicht wiederholen darf. Dafür wollen meine FraktionskollegInnen und ich sorgen.
Was die Ausweitung der demokratischen Kontrolle über die Polizei angeht, so bin ich im Grundsatz natürlich (zumindest für einen GRÜNEN natürlich) dafür. Als ersten Schritt gilt es in meinen Augen jedoch, die bereits vorgesehenen Instrumente besser zu nutzen. So können beispielsweise die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter („Schöffen“) vielerorts kaum oder gar nicht in ausreichender Zahl berufen werden. Gerade sie stellen aber eine wichtige Kontrollinstanz dar. Ich will mich dafür einsetzen, dass im Rahmen der Ehrenamts-Kampagnen des Landes viel stärker auch für diese Art des Engagements geworben werden soll.
Ich hoffe, alle Fragen somit beantwortet zu haben, wenn nicht, freue ich mich auf Nachfragen.
Ihr Jürgen Filius.