Frage an Judith Greif von Matthias M. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Greif,
vergangenes Wochenende demonstrierten in Berlin mindestens 10.000 Menschen wiederholt! gegen staatliche Überwachung, Vorratsdatenspeicherung und Internetsperren. Eine Online-Petition gegen das als nutzlos und grundgesetzwidrig angesehene "Internetsperrgesetz" (Zugangserschwerungsgesetz) unterzeichneten sogar 132.000 Bürger (mithin die Mitzeichner-stärkste Online-Petition in der Geschichte Deutschlands!).
Dies sind nur 2 Beispiele, deren reine Dimensionen der Politik deutlich zeigen sollten, dass sich die Bürger dieses Landes sehr besorgt einer ungewollten und zunehmenden Kontrollmacht des Staates gegenüber sehen.
Zeitgleich sieht auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, die Entwicklung der Anti-Terror-Gesetze schon seit Jahren sehr kritisch und fordert immer wieder, sie prüfen zu lassen.
Vor dem Hintergrund dieser Umstände möchte ich Sie fragen:
- Was werden Sie unternehmen, damit die von Herrn Schaar geforderten Gesetzesprüfungen durchgeführt werden?
- Was werden Sie unternehmen, damit insbesondere einige der seit dem 11.September 2001 erlassenen, Freiheits- und Bürgerrechte einschränkenden "Anti-Terror-Gesetze" ggf. wieder zurückgenommen werden?
- Was werden Sie unternehmen, um zu verhindern, dass die nur teilweise kontrollierte Sperrliste, die auf Basis des Zugangserschwerungsgesetzes einer Internetsperrung zu Grunde liegt, nicht zu Zensurzwecken missbraucht werden kann?
Und in Anlehngun an das Thema der inneren Sicherheit möchte ich Sie fragen:
- Was werden Sie unternehmen, um zu verhindern, dass die Bundeswehr auch innerhalb Deutschlands eingesetzt werden kann.
Mit bestem Dank für Ihre Antwort und Ihre dafür aufgewendete Zeit...
Matthias Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage - ich kann Ihnen versichern, dass Sie damit auf offene Ohren stoßen. Ich bin selber seit Jahren im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung München aktiv und habe federführend an den Demonstrationen gegen Vorratsdatenspeicherung und Überwachung der letzten Jahre in München mitgewirkt. Zu Ihren Fragen:
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich seit Jahren dafür ein, bestehende Überwachungsmaßnahmen zurück zu nehmen und für weitere Vorhaben ein Moratorium zu erlassen. Insbesondere haben wir uns gegen das Zensur-Gesetz des Ministeriums von der Leyen, gegen die Verschärfung des bayerischen Versammlungsrechts, gegen die Vorratsdatenspeicherung, gegen das Luftsicherheitsgesetz des Ministeriums Schäuble, gegen die Online-Durchsuchung, die Amtliche Schuldatensammlung des bayerischen Kultusministeriums und zahlreiche weitere Überwachungsvorhaben gewendet.
Häufig haben wir dabei in München, in Bayern und auf Bundesebene mit dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, dem AK Zensur, dem AK Versammlungsrecht und zahlreichen weiteren Datenschutzbündnissen wie dem FoeBud e. V. zusammen gearbeitet, um unseren Forderungen sowohl auf gesetzlicher wie auch ziviler/bürgerrechtlicher Ebene mehr Nachdruck zu verleihen und auch die Bevölkerung zu sensibilisieren. Das Bundesverfassungsgericht und der bayerische Verfassungsgerichtshof bestätigten uns regelmäßig in unseren Forderungen (und denen vieler anderer Bürgerinnen und Bürger), indem sie z. B. das neue bayerische Versammlungsgesetz, die Vorratsdatenspeicherung und das Luftsicherheitsgesetz zur Gänze oder in Teilen für verfassungswidrig erklärten oder zumindest so starke Vorbehalte äußerten, dass Teile der Gesetze mittels einstweiliger Verfügungen außer Kraft gesetzt wurden.
Sie können sich sicher sein, dass wir - und auch ich persönlich, sollte ich dem nächsten Bundestag angehören - auch in Zukunft mit aller Kraft gegen Überwachung und für Informationsfreiheit, Datenschutz, das Computer-Grundrecht und informationelle Selbstbestimmung eintreten werden. In unserem Wahlprogramm finden Sie z. B. die Forderungen nach der Aufnahme des Datenschutzes ins Grundgesetz, die Stärkung der Datenschutzbeauftragten deutschland- und europaweit und das Verbandsklagerecht gegen Datenmissbrauch. Unsere ausführlichen Forderungen finden Sie in den Kapiteln "8. Anwältin der Bürgerrechte - Rechtsstaat verteidigen, Integration fördern" sowie "13. Digital ist besser - Für ein freies Internet". Das komplette Programm zum Download finden Sie hier:
http://www.gruene-partei.de/cms/files/dokbin/295/295495.wahlprogramm_komplett_2009.pdf
Ich hoffe, damit Ihre Fragen hinreichend beantwortet zu haben. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung und verbleibe in der Hoffnung auf Ihre Zweitstimme am 27. 09. mit freundlichen Grüßen
Ihre Judith Greif