Josip Juratovic MdB
Josip Juratovic
SPD
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Frage von Annemarie H. •

Sehr geehrter Herr Juratovic, was tun Sie, um das Blutvergießen in Gaza und im Libanon durch Israel und das Vorenthalten von Nahrung, Trinkwasser, Medizin in Gaza durch Israel zu beenden?

Mich schockiert, dass es seit 7.10.23 über 40000 Tote in Palästina und über 1200 Tote in Israel gibt, über 100 Geiseln noch von der Hamas verschleppt sind und 100000 Israelis evakuiert werden mussten. Schockierend ist auch, dass Israel humanitäre und medizinische Hilfe für die Bevölkerung in Gaza blockiert und im Westjordanland Menschen der Gewalt von Armee und Siedlern ausgesetzt sind. Solche Vorwürfe und Belege kommen von Amnesty international https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/israel-hilfe-fuer-zivilbevoelkerung-gaza und Michelle Pace https://qantara.de/artikel/europa-und-gaza-die-eu-muss-ihrer-moralischen-verantwortung-wieder-gerecht-werden Pace wirft der Bundesregierung einseitige Parteinahme vor.Teilen Sie die Ansicht vieler Menschen in Deutschland, dass die deutschen Waffenlieferungen an Israel sofort beendet werden müssen?

Josip Juratovic MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau H.

vielen Dank für Ihre Anfrage via Abgeordnetenwatch. 

Ich kann Ihren Schock über die Ereignisse seit dem 7. Oktober 2023 nachvollziehen. 

An diesem Tag verübte die Hamas den tödlichsten Terrorangriff auf israelischem Boden. Etwa 1.200 Bürger:innen wurden auf brutalste Art und Weise ermordet, ihre Leichen häufig verstümmelt. Frauen wurden vergewaltigt und zahlreiche Menschen zum Teil schwer verletzt. Über 240 Israelis und Angehörige anderer Staaten– darunter Frauen und kleine Kinder – wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Ungefähr die Hälfte von ihnen befindet sich bis heute unter unmenschlichen Bedingungen in Gefangenschaft.

Ich versichere Ihnen: Wir verurteilen die Gewalt der Terroristen am 7. Oktober 2023 in aller Schärfe. 

Seitdem spitzt sich die Lage im Nahen Osten kontinuierlich zu. Laut palästinensischen Angaben sind allein im Gazastreifen seit letztem Oktober über 40.000 Menschen ums Leben gekommen; ein Großteil davon Frauen und Kinder. Fast zwei Millionen Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Darüber hinaus ist die humanitäre Lage vor Ort katastrophal.

Deutschland setzt daher seine humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza selbstverständlich fort. Es hat seit dem 7. Oktober 2023 seine humanitäre Hilfe sogar auf über € 294 Mio. verdreifacht. Denn es fehlt an Essen, Trinken und Medikamenten. Aufgrund des großen Leids der Zivilbevölkerung tut die Bundesregierung alles in ihrer Macht stehende, um auf einen Waffenstillstand und eine Freilassung der Geiseln hinzuwirken. Sie spricht mit Israel darüber, wie während der Feuerpausen und auch danach Menschen aus den Gefahrenzonen heraus- und Hilfsgüter hineingelangen können. Israel muss die Zufuhr von humanitären Gütern erheblich verbessern und beschleunigen. Gleichzeitig müssen die Güter in der Zivilbevölkerung ankommen. Sie dürfen nicht von der Hamas beschlagnahmt werden, während ihre Zivilbevölkerung hungert.

Die Hamas muss ihre Waffen endgültig niederlegen, damit von ihr keine Gefahr für Israel mehr ausgeht. Die Hamas ist nicht an einer Verbesserung der humanitären Situation der palästinensischen Bevölkerung interessiert, sondern eine Terrororganisation, die seit dem Massaker am 7. Oktober 2023 mehrfach bekräftigt hat, einen solchen Anschlag jederzeit wiederholen zu wollen. Sie hat kein Interesse an einer friedlichen Koexistenz mit Israel. Ihr Ziel ist die Vernichtung Israels und die Auslöschung seiner jüdischen Bevölkerung. Terrororganisation wie die Hamas und Hisbollah benutzen die Zivilbevölkerung bewusst als Schutzschild. Damit begehen sie schwere Kriegsverbrechen und erschaffen sie absichtlich ein furchtbares und unmenschliches Dilemma für Israel, das den Terrorismus bekämpfen muss, um die Bevölkerung zu schützen, und zugleich Zivilist:innen schonen will.

Israel muss bei seinem Vorgehen gegen die Hamas und die Hisbollah die Verhältnismäßigkeit wahren. In jedem Konflikt sind die Regeln des humanitären Völkerrechts zu achten, das militärische Notwendigkeiten anerkennt, gleichzeitig aber den bestmöglichen Schutz der Zivilbevölkerung aller Konfliktparteien selbst noch im bewaffneten Konflikt zum Ziel hat. Vorwürfe, nach denen humanitäres Völkerrecht verletzt oder Kriegsverbrechen begangen wurden, müssen juristische aufgearbeitet werden.

Gerne möchte ich Ihnen konkret zum Thema Waffenlieferungen auch antworten: 

Die aus der Staatsräson entstehende, unerschütterliche Verbindung und Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel umfasst auch militärische Unterstützung. Deshalb hat Deutschland auch nach dem 7. Oktober Waffen geliefert.

Die Anträge auf Exportgenehmigungen werden innerhalb der Bundesregierung von verschiedenen Ministerien geprüft. Die Anforderungen, die sich die Bundesregierung auferlegt hat, sind strenger als die im Völkerrecht vorgesehenen. Im Zusammenhang mit der Klage Nicaraguas hat die deutsche Delegation im April 2023 vor dem IGH aufgeführt, dass 98 % der nach dem 7. Oktober 2023 erteilten Genehmigungen keine Kriegswaffen betreffen, sondern andere militärische Ausrüstung. 25 Prozent dieser militärischen Ausrüstung sind für eine spätere Wiedereinfuhr zur Verwendung durch die Bundeswehr bestimmt.

Zudem stammen zwei Drittel der Anträge aus der Zeit vor dem 7. Oktober 2023. Die vorliegenden Anträge wurden nach dem 7. Oktober 2023 priorisiert, sodass 80 Prozent der gesamten Waffenlieferungen 2023 im Oktober genehmigt wurden.

Tatsächlich wurden seit Oktober 2023 nur vier Genehmigungen für Kriegswaffen erteilt, von denen drei Test- oder Übungsausrüstung betreffen. Die letzte Genehmigung betrifft ein U-Boot, das noch nicht für den Export zugelassen ist. 

Mit freundlichen Grüßen

Josip Juratovic

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