Haben Sie, wie die SZ behauptet, dazu beigetragen, dass über den Antrag "Bosnien und Herzegowina beim Aufbruch in eine bessere Zukunft unterstützen" nicht im Bundestag abgestimmt wurde ?
Sehr geehrter Herr Juratovic,
am 26.5.22 habe ich einen Gastkommentar in der SZ gelesen über das Thema Bosnien und Herzegowina. Meine Frau und ich waren kürzlich in BiH und haben dort viele Gespräche geführt. Immer wieder wurde auf die große Instabilität und die unsichere Zukunft des fragilen Regierungsbündnisses verwiesen. Wir haben vor Ort und auch aus der Ferne den Eindruck, dass die Politik von Herrn Dodik und die nationalistischen Bestrebungen in der Republik Srpska eine gemeinsame Zukunft für die verschiedenen bosnischen Menschen verhindern und eine große Hoffnungslosigkeit verursachen.
Wie stehen Sie zur Haltung der bosnisch-serbischen Politik, zur Leugnung von Srebrenica und zu den Tendenzen, sich von BiH abzuspalten ?
Könnte eine Entschließung und Verurteilung im deutschen Bundestag nicht vielleicht ein (kleines) Signal senden, dass auf diesem Weg eine Partnerschaft mit der EU oder auch eine Mitgliedschaft Serbiens in der EU unmöglich sein werden ?
Beste Grüße
Uli B.
Sehr geehrter Herr B.,
in dem Gastkommentar unter der Überschrift „Nächste Front“ von Alexander Rhotert am Freitag den 27.05.2022 auf der Seite 5 wurde in dem Kommentar fälschlicherweise behauptet, dass ich, Josip Juratovic, MdB, die Debatte im Deutschen Bundestag zu dem Antrag „Bosnien und Herzegowina beim Aufbruch in eine bessere Zukunft unterstützen“ verhindert hätte, da ich angeblich nicht wollte, dass der Serben-Führer Milorad Dodik und der Kroaten-Führer Dragan Čović als völkisch-nationalistisch bezeichnet werden. Richtig ist, dass dieser Antrag in dieser Woche nicht auf der Tagesordnung der Plenarsitzung des Deutschen Bundestages stand, sondern sich in einem ganz normalen innerfraktionellen Verfahren befand. Und es ist richtig, dass ich ganz im Gegenteil dafür plädiert habe, dass mit dem Wort „völkisch-nationalistisch“ sowohl der Serbe Milorad Dodik, der Kroate Dragan Čović als auch der Bosniake Bakir Izetbegović bezeichnet werden.
Außerdem war mein Anliegen, dass wir in diesem Papier auch die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und Korruption in BiH angehen müssen, denn alle drei völkisch-nationalistische Parteien sind gleichzeitig auch mitunter Organisationen, in denen sich die Kriminalität ungehindert entwickelt und die sich gegenseitig unterstützen bzw. verhindern, dass die Rechtsstaatlichkeit in BiH umgesetzt wird.
BiH hat viele wunderbare Menschen, die jeden Tag ihre Menschlichkeit und ihren Anstand zum Ausdruck bringen und gerade von diesen drei Organisationen unterdrückt und teilweise verfolgt werden.
Ich persönlich fühle mich nur diesen Menschen verpflichtet, sowie allen demokratischen Kräften, die diese drei politisch- kriminelle Bündnisse bekämpfen.
Ich beteilige mich jedes Jahr an den Gedenkveranstaltungen zu Srebenica und anderen Opfern der Balkan Kriege und werde das auch weiterhin tun. Allerdings habe ich Probleme mit jenen, die diese Opfer für ihre politischen Geschäfte missbrauchen.
Mit freundlichen Grüßen
Josip Juratovic