Frage an Josip Juratovic von Paul N. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Juratovic,
ich habe das Gefühl, dass die Politik zunehmend die Mittelschicht vernachlässigt. Ich kann mich jedenfalls an keine nennenswerten Entlastungen in der Vergangenheit erinnern. Können Sie mir sagen, ob die SPD bzw. die Große Koalition diesbezüglich etwas geplant hat? Es wäre dringend notwendig, in meinen Augen.
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Neumann
Sehr geehrter Herr Neumann,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerade in der letzten Monaten wurden durch die große Koalition einige Regelungen auf den Weg gebracht die gerade für die Mittelschicht positive Auswirkungen haben werden. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Reform der Erbschaftssteuer. Die Freibeträge bei der Vererbung wurden so ausgestaltet, dass viele Erben, gerade aus der Mittelschicht, keine Erbschaftssteuer abführen müssen.
Viele kleinere und größere Maßnahmen der letzten Jahre wirken sich auch gerade auf die Mittelschicht positiv aus. Als Beispiele möchte ich hier den Ausbau der Förderung von Familien, die Steuerreformen und die damit verbundene Senkung der Steuersätze und die Einführung des Elterngeldes nennen. Des weiteren haben wir eine gesellschaftspolitische Modernisierung eingeleitet, der Einstieg in die Energiewende begonnen, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung erhöht sowie die Stärkung von Arbeitnehmerrechten durchgesetzt. Sie sehen, dass wir vieles erreicht haben, all diese Punkte tragen eine sozialdemokratische Handschrift. Wir haben unser Land in den letzten 10 Jahren zukunftsfähig gemacht. Das Erbe der Ära Kohl lag 1998 wie ein Bleimantel über unserem Land, es ist uns gelungen Deutschland zu modernisieren und davon profitiert auch die Mittelschicht.
Hier einige Beispiele, von denen gerade die Mittelschichtprofitiert:
Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag (AV-Beitrag) ist innerhalb eines Jahres um fast die Hälfte gesunken - von 6,5 Prozent auf 3,3 Prozent. so niedrig war der AV-Beitrag seit 1981 nicht mehr. Für die Arbeitnehmer mit einem Einkommen von 2.500 Euro brutto ist das eine Entlastung von 40 Euro monatlich gegenüber 2006, aufs Jahr gerechnet 480 Euro!
Insgesamt liegen die Sozialversicherungsbeiträge unter 40 Prozent, der Arbeitgeberbeitrag für die Sozialversicherung liegt unter der 20-Prozent-Marke. Das gilt auch nach der Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrages um 0,25 Prozentpunkte. Zudem beschloss der Bundestag letzte Woche die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags auf 2,8%.
Zum Wintersemester 2008/2009 wurde das BaföG deutlich erhöht. Die Höchstfördersätze für Studierende stiegen um 10 Prozent und damit von 585 Euro auf etwa 643 Euro. Die Freibeträge erhöhten wir um 8 Prozent. Dadurch erhalten
mehr junge Menschen erstmals einen BaföG-Anspruch. Weitere Verbesserungen gibt es auch beim Betreuungszuschlag für studierende mit Kindern.
Auf unsere Initiative hin hat die Große Koalition das Elterngeld eingeführt. Das Elterngeld ersetzt in der Regel bis zu 14 Monate das durch die Kinderbetreuung entfallende Einkommen des Partners oder der/des Alleinerziehenden in Höhe von 67 Prozent. Wir schaffen damit die Rahmenbedingungen, dass sich Familie und Beruf besser als bisher miteinander verbinden lassen. Der gewohnte Lebensstandard junger Familien im ersten Jahr nach der Geburt des Kindes wird damit gesichert.
Wir machen ernst beim Abbau von ungerechtfertigten Steuervergünstigungen. so haben wir beispielsweise die Attraktivität von Steuerstundungsmodellen durch eine
sogenannte Verlustbeschränkung wirkungsvoll eingeschränkt. Anleger können Verluste nur noch mit Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechnen.
Leistungsgerechtigkeit fordert eine höhere Besteuerung großer Einkommen und hoher Vermögen. Deshalb haben wir die Reichensteuer eingeführt, damit sich Spitzenverdiener wieder stärker an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligen. Für große Einkommen, ab einem Jahresbrutto von 250.000 Euro für Ledige und 500.000 für Verheiratete, haben wir den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent erhöht.
Es gilt, auch in Zukunft, die Anliegen der Mittelschicht ernst zu nehmen und stets einen gesellschaftlichen Ausgleich herzustellen. Wir müssen ein Auseinanderdriften der Gesellschaft verhindern, daher fordern wir den gesetzlichen Mindestlohn und die Begrenzung von Managergehältern.
Wir als SPD stehen für Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit, diese Grundsätze bestimmen unsere Politik. Seit 10 Jahren sind wir nun in Regierungsverantwortung, wir haben in diesen Jahren vieles erreicht, es bleibt aber auch noch viel zu tun.
Mit freundlichen Grüßen
Josip Juratovic