Frage an Josip Juratovic von Insa J. bezüglich Humanitäre Hilfe
Am 04.03.20 haben sie gegen die Aufnahme von 5000 besonders schutzbedürftiger Geflüchteter aus den griechischen Lagern gestimmt, - wieso? Schon damals waren viele Kommunen und Städte bereit, Geflüchtete aufzunehmen und dennoch verhinderten sie dies mit Ihrer Stimme. Erklären Sie mir das bitte. Die Bereitschaft zu Menschlichkeit und Solidarität mit den Menschen auf Lesbos hält in vielen Regionen der BRD an und wird öffentlich kund getan. Die Situation auf Lesbos ist nicht mehr tragbar und schon längst nicht mehr zu verantworten. Was werden Sie tun, um Geflüchtete aufzunehmen und den Menschen auf Lesbos zu helfen?
Danke für Ihre Antwort, Insa Jebens
Sehr geehrte Frau Jebens,
vielen Dank für Ihre Nachfrage. In der Tat habe ich in der Namentlichen Abstimmung vom 04. März 2020 gegen den Antrag der Fraktion Bündnis 90/GRÜNE gestimmt, in welchem die Aufnahme von 5000 Geflüchteten gefordert wurde.
Dies liegt jedoch nicht, wie häufig angenommen, in meiner persönlichen Überzeugung begründet. Im Gegenteil: Ich bin froh, dass die SPD die Union vor dem Hintergrund der Katastrophe von Moria unter Druck gesetzt- und bewirkt hat, dass schlussendlich 1553 Geflüchtete – zusätzlich zu 150 unbegleiteten Minderjährigen – aufgenommen werden konnten. Leider wies der Antrag der Grünen inhaltliche Schwächen auf, die mir eine Zustimmung unmöglich machten. Ein Beispiel: Gerade mit Blick auf das Agieren der griechischen Regierung wäre eine Aufnahme von 5000 Geflüchteten so nicht durchführbar gewesen.
Für uns als Fraktion war von Anfang an – und damit meine ich auch schon vor den Schreckensbildern des brennenden Moria klar, dass wir zwar letztendlich eine gesamteuropäische Lösung anstreben, dass wir aber nicht warten können, bis sich die EU auf ein Vorgehen einigt. Deutschland kann in Sachen Flüchtlingspolitik auf einzelne Mitgliedsstaaten schlicht nicht bauen.
Aus dem Grund haben wir eben nicht nur abgewartet, sondern uns direkt um die Verhandlung eines Aufnahmekontingents bemüht. Sollte uns bald eine gesamteuropäische Lösung vorliegen, heißt das, dass wir Mehraufnahmen stemmen können – bis dahin werden wir weiter darum kämpfen, dass die aktuelle Zahl an Transfers stetig erhöht wird, um mehr Menschenleben zu retten. Wir streben auch bei unserem Gesamtkonzept eine geordnete Lösung an, und wollen die Kommunen und Länder, die so große Aufnahmebereitschaft signalisiert haben, nicht ignorieren. Wir unterstützen daher die Klagen, die einige Länder momentan formulieren, um doch Geflüchtete aufnehmen zu können – und um den Innenminister davon zu überzeugen, dass jetzt schnelle Hilfe geboten ist.
Sie haben vollkommen Recht, wir haben Platz, wir haben Ressourcen. Was wir jedoch noch nicht haben, ist eine ganzheitliche Strategie, die im besten Fall gemeinsam mit allen europäischen Mitgliedsstaaten für eine faire, sichere und menschenwürdige Geflüchtetenpolitik sorgt. Dafür setze ich mich, gemeinsam mit meiner Fraktion, tagtäglich ein.
Haben Sie nochmals vielen Dank für Ihre Anfrage.
Mit freundlichen Grüßen
Josip Juratovic