Frage an Josip Juratovic von Peter T. bezüglich Energie
Sehr geehrter Herr Josip Juratovic,
als Bürger in ihrem Wahlkreis möchte ich ihnen heute die folgenden Fragen zum geplanten Kohleausstiegsgesetz stellen:
1. Halten Sie die Kohleverbrennung bis 2038 für energiepolitisch notwendig und warum?
2. Finden Sie es angemessen mit RWE einen exclusiven, intransparenten Vertrag über die Kohleförderung bis 2038 abzuschließen und welche Vorteile soll dies der Bevölkerung / den Steuerzahlern bringen?
3. Halten Sie es für sinnvoll, dass RWE in Garzweiler II bis 2038 so viel Kohle fördern darf, wie dem Unternehmen vor einigen Jahren bis zum Jahr 2045 zugesagt wurde und warum?
4. Ist es klima- und wirtschaftspolitisch sinnvoll Kohlverstromung anstelle von Erneuerbaren Energien zu subventionieren?
5. Wie sieht ihr Fahrplan für wirksamen Maßnahmen aus um die drohende Klimakatastrophe zu verhindern und unseren Kindern und Enkeln das Überleben auf diesem Planeten zu ermöglichen?
Sehr geehrter Herr Titus,
der Kohleausstieg wurde beschlossen. Das sogenannte Kohleausstiegsgesetz gibt uns einen Fahrplan vor, anhand dessen der Weg hin zur vollständigen Unabhängigkeit von Kohlestrom abgelesen werden kann.
Obwohl ich froh bin, dass sich die Koalition hat auf einen Entwurf einigen können, musste auch ich feststellen, dass der Gesetzesentwurf berechtigte Kritik nach sich zieht. Im Folgenden möchte ich daher auf zwei der drängendsten Fragen eingehen, die sich im Laufe der letzten Wochen viele von uns gestellt haben.
Zum einen fragen sich viele Bürger*innen, ob die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens nach wie vor eingehalten werden können. Die Antwort darauf lautet, Ja, die Ziele können eingehalten werden – die SPD-Fraktion steht geschlossen für die Umsetzung des Abkommens: Wir wollen, dass Deutschland spätestens 2050 klimaneutral wird. Dafür müssen die Treibhausgasemissionen in allen Bereichen reduziert werden, einschließlich der Energiewirtschaft, der Industrie, dem Verkehrssektor, dem Gebäudebereich und der Landwirtschaft. Um das zu gewährleisten, hat Deutschland erstmals die Klimaziele einschließlich eines Kontrollmechanismus in einem Klimaschutzgesetz rechtlich verankert. Zudem sieht das Kohleausstiegsgesetz in den Jahren 2022, 2026, 2029 und 2032 Überprüfungspunkte vor, die auch die Einhaltung der Klimaschutzziele beinhalten.
Zum anderen kommt oftmals die berechtigte Frage auf, weshalb das letzte Kohlekraftwerk spätestens erst 2038 abgeschaltet werden soll. Für mich ist es wichtig, anzuerkennen, dass der Kohleausstieg ein hochkomplexes Vorhaben ist, das sehr viele Interessen berührt. Wir haben versucht, all diesen Interessen gerecht zu werden, indem wir die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (KWSB) eingesetzt haben. In der KWSB ist es gelungen, einen von einer breiten Mehrheit getragenen gesellschaftlichen Kompromiss unter Einbeziehung aller betroffenen gesellschaftlichen Gruppen zu erzielen.
Aufgrund dessen, dass wir auch in naher Zukunft Rechts-; Planungs- und vor allen Dingen Versorgungssicherheit garantieren müssen, können wir den ‚Schalter‘ nicht einfach umlegen und die Kraftwerke von heute auf morgen abschalten.
In den Jahren 2026, 2029 und 2032 wird überprüft, ob das Enddatum für alle für die Zeit nach 2030 vorgesehenen Stilllegungen von Braun- und Steinkohlekraftwerken um jeweils drei Jahre vorgezogen werden und damit das Ausstiegsjahr 2035 erreicht werden kann. Erfolgt diese Entscheidung rechtzeitig – so mit den Betreibern von Braunkohlekraftwerken vereinbart – kann dieses Vorziehen des Ausstiegs ohne weitere Entschädigungen erfolgen. Auch ein Ausstieg vor 2035 bleibt möglich.
Parallel müssen wir außerdem beim Ausbau der Erneuerbaren Energien schneller vorankommen. Ein wichtiger Schritt muss dazu im Herbst mit einer umfassenden Novelle des EEG erfolgen.
Insgesamt ist es für mich wichtig zu betonen, dass der Kohleausstieg angesichts der aktuellen Koalitionsverhältnisse ökologisch verantwortlich, sozial und rechtssicher ist. Ein entschädigungsfreier Ausstieg vor 2038 bleibt weiterhin möglich, wenn dies zur Erreichung der Klimaziele erforderlich wird. Für uns Sozialdemokrat*innen ist es ein besonderes Anliegen, die Beschäftigten in der Industrie langfristig zu unterstützen: Daher helfen wir den Beschäftigten der Kohlewirtschaft mit dem sogenannten Anpassungsgeld. Wir unterstützen den Strukturwandel in den betroffenen Regionen. Wir verankern den Ausstieg rechtssicher im Kohleausstiegsgesetz und schaffen belastbare Rahmenbedingungen für die Unternehmen – womit wir unserer Verantwortung gegenüber arbeitenden Menschen nachkommen.
Ich danke Ihnen für Ihre wichtigen Hinweise und Einschätzungen. Wir werden das Thema auch in Zukunft vorantreiben müssen, um schnellstmöglich einen sozial verantwortlichen Weg aus dem Kohlestrom beschreiten zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Josip Juratovic