Frage an Josip Juratovic von Horst P. bezüglich Senioren
Sehr geehrter Herr Juratovic,
Anfang des Jahres 2006 beantragte der Bundestagspräsident, H. Lammert, die Bezüge der Abgeordneten im Bundestag zu erhöhen. Begründung: Es hätte seit 2003 keine Erhöhungen/Anpassungen mehr gegeben. Frage: Wieso werden denn keine Rentenerhöhungen beantragt? Auch die Renten wurden seit 2003 nicht erhöht/angepasst!
Jetzt wird darüber diskutiert, den Hartz IV-Empfängern einen Inflationsausgleich zu gewähren. Begründung: Kaufkraftverlust durch Inflation. Frage: Wieso bekommen die Rentner keinen Inflationsausgleich? Die Rentner haben genauso unter der Inflation zu leiden!
Als Neuestes verlangen die Bundesparteien deutlich höhere staatliche Zuschüsse, und zwar eine Erhöhund von z.Zt. 133 Mio. um mehr als 10 Mio. Begründung: Die Zuschüsse seien seit 5 Jahren nicht mehr er- höht worden. Frage: Was ist mit den Renten? Seit 4 Jahren gibt es nur Minusrunden (auch bei 0,54% Erhöhung 2007, die durch höhere Krankenversicherungsbeiträge und Inflation mehr als aufgefressen werden!).
Für mich ist keine der 5 im Bundestag vertretenen Parteien mehr glaubwürdig. Ich hoffe nur, dass die Rentner (und das sind im-merhin 20 Mio. Wahlberechtigte) endlich aufwachen und bei der nächsten Wahl dementsprechend ihre Stimme vergeben.
Mit freundlichen Grüßen,
H. Prosotowitz.
Sehr geehrter Prosowitz,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Antwort hat sich aufgrund der Sommerpause und Parlamentsferien verzögert, dafür bitte ich um Verständnis.
Das Bundesverfassungsgericht hat 1975 die Abgeordneten ausdrücklich verpflichtet, selbst - und: "vor den Augen der Öffentlichkeit" - über die Höhe ihrer Entschädigung zu beschließen. Sie wird auf der Grundlage eines Berichts und einer Empfehlung des Bundestagspräsidenten vom Bundestag beschlossen.
1977 entsprachen die Entschädigungen der Abgeordneten mit damals 7.500 DM in etwa den Einkünften eines Richters an einem obersten Gerichtshof des Bundes (Besoldungsgruppe R 6). Seitdem haben die Abgeordneten des Bundestages wiederholt auf eine Erhöhung ihrer Bezüge verzichtet, deshalb sind sie hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurück geblieben. Zurzeit betragen sie 7.009 € monatlich (brutto). Der Abstand zur Vergleichsgruppe von Oberbürgermeistern und Richtern beträgt inzwischen annähernd 950 €.
Auch mir wäre es lieber die Diäten würden automatisch erhöht entsprechend der Erhöhung der Renten. Denn ein solches Verfahren halte ich für fairer und transparenter.
Der aktuelle Rentenwert beschreibt den Wert eines Entgeltpunktes im jeweiligen Jahr des Rentenbezuges. Zurzeit beträgt er für die alten Bundesländer 26,13 Euro und für die neuen Bundesländer 22,97 Euro. Durch die sog. Rentenanpassung wird der aktuelle Rentenwert grundsätzlich. zum 1. Juli eines jeden Jahres angepasst. Der diesen Anpassungen zu Grunde liegende Modus wurde seit den 70er Jahren vielfach verändert und umgestaltet. Hintergrund ist dabei immer, dass durch die Steuerung der Rentenanpassungsmodalitäten die zukünftige Finanzentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung (Einnahmen/Ausgaben) auf einfache Art und Weise beeinflusst werden kann. Einher geht dieses mit einer immer weiteren Abkopplung der Rentenanpassung von der Einkommensentwicklung der Arbeitnehmer. Derzeit findet eine sog. modifizierte Bruttolohnanpassung Anwendung. Dabei orientiert sich die Entwicklung des aktuellen Rentenwertes zwar im Grundsatz an der Veränderung der Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer, doch wird bei einer positiven Lohnentwicklung diese nicht vollständig an die Rentner über die Erhöhung des aktuellen Rentenwertes weitergeben, sondern nur soweit, als nach Berücksichtung des Altersvorsorgeanteils (Veränderungen bei Altersvorsorgeaufwendungen durch Beitragssatzänderungen und Riesterrente) und des Nachhaltigkeitsfaktors (Berücksichtigung des Verhältnisses von Rentnern zu Beitragszahlern) noch etwas verbleibt. So hat im Jahre 2005 bei einer Lohnentwicklung von + 0,12 % in den alten Ländern bereits die Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils in der Anpassungsformel dazu geführt, dass die Renten nicht gestiegen sind. Vielmehr hat nur eine in den Rentenreformen der letzten Jahre gesetzlich verankerte Sicherungsklausel verhindert, dass es durch die Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktor zu einer Rentenminderung gekommen ist. Derzeit sind Rentenerhöhungen nur bei Lohnsteigerungen von über 1,5 Prozent zu erwarten.
Die sozialen Sicherungssysteme müssen vor dem Hintergrund der Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte immer wieder den neuen Anforderungen angepasst werden. In den letzten 40 Jahren hat sich die Rentenbezugsdauer im Durchschnitt um rund 7 Jahre auf nunmehr 17 Jahre erhöht. Es ist davon auszugehen, dass die Lebenserwartung in unserem Land in den nächsten 25 Jahren um weitere 2,8 Jahre anwachsen wird. Der Rückgang der Geburtenzahl und die Verlängerung der Lebenserwartung verändern das Verhältnis von aktiver Erwerbsphase zu durchschnittlicher Rentenbezugsphase.
Demographische Entwicklung und Alterung unserer Gesellschaft belasten die Rentenversicherung. Das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern in die Rentenversicherung verändert sich von heute 1:3,2 hin zu 1:2 ca. im Jahr 2030. Die Lasten müssen zwischen jüngerer und älterer Generation gerecht verteilt sein.
Ich weiß, dass dies möglicherweise keine befriedigende Antwort sein wird, da Sie erwarten, dass die Renten aufgrund der aktuellen Preissteigerungen gerade von Lebensmittel aufgestockt werden. Doch hoffe ich zumindest erklärt zu haben, nach welchen Regeln Rentenanpassungen erfolgen.
Die von Ihnen angesprochenen höheren staatlichen Zuschüsse an die Parteien sind meines Wissens von Tisch.
Falls Sie zukünftig weitere Fragen haben, würde ich mich freuen, wenn Sie sich direkt an mich wenden und Ihre Fragen an josip.juratovic@bundestag.de senden und Ihre Anschrift hinterlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Josip Juratovic