Josip Juratovic MdB
Josip Juratovic
SPD
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Frage von Jens H. •

Frage an Josip Juratovic von Jens H. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Juratovic,

Umfragen zufolge will so gut wie niemand im Krankenhaus sterben.

Doch immer noch viel zu oft passiert genau das. Laut Deutschem Evangelischem Krankenhausverband (DEKV) sterben 77 Prozent der Deutschen entweder in einer Klinik oder im Pflegeheim.

Quelle: https://www.welt.de/vermischtes/article204152876/Tod-im-Krankenhaus-Warum-viele-sterben-wo-sie-nicht-sterben-wollen.html

Warum wird der offensichtliche Wunsch von sehr vielen Menschen ignoriert bzw. nicht automatisch erkannt und erfüllt?
Ist es aus Ihrer menschlichen Sicht nicht selbstverständlich, im eigenen Bett oder zumindest friedlich einschlafen zu dürfen?
Was können Sie als verantwortlicher Politiker für die Menschen tun?

Beste Grüsse
Hahn

Josip Juratovic MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Interesse an meiner parlamentarischen Arbeit.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar", stellt unser Grundgesetz ganz zu Beginn fest. Dies gilt es nicht nur zu Lebzeiten und in Gesundheit, sondern selbstverständlich auch in Krankheit und im Tode. Es ist deshalb unser aller Auftrag - nicht nur der an die Politik! - sicherzustellen, dass Menschen ihr Lebensende nach Möglichkeit so verbringen können, wie sie es wünschen und wie es ihrem Menschsein gerecht wird. Im Kreise von Familie, Freunden, in einem vertrauten oder komfortablen Umfeld, ohne Schmerzen oder Ängste.

Wie sie korrekt feststellen, ist dies leichter gesagt als getan und leider bringt es die oft unvorhersehbare Natur des Todes mit sich, dass wir über die individuellen Umstände auch nur zu einem Teil eine Kontrolle ausüben können. Ein ganz praktischer Ansatzpunkt für uns ist die Verbesserung und der massive Ausbau der Palliativversorgung, sowohl stationär als auch ambulant. Mit dem Hospiz- und Palliativgesetz aus dem Jahr 2015 haben wir hierbei in der Großen Koalition die Grundlagen für eine langfristige Verbesserung der Situation geschaffen und auch auf der Länderebene verfolgen wir das Thema aktiv, in Baden-Württemberg bspw. zuletzt mit einer Großen Anfrage an die Landesregierung im vergangenen Frühjahr. Gleichzeitig arbeiten wir mit einer Reihe von Maßnahmen, bspw. dem Sofortprogramm Pflege, an einer Beendigung des aktuellen Pflegenotstands um eine angemessene und persönliche Betreuung kranker und sterbender Menschen in den Pflegeheimen und Krankenhäusern zu ermöglichen.

Ich bin aber überzeugt, dass diese Schaffung dringend benötigter personeller und finanzieller Ressourcen nur ein Teil der Lösung ist: was wir auch brauchen, ist ein breiter gesellschaftlicher Bewusstseinswandel. Wir müssen mehr über das Sterben reden! Unsere Gesellschaft altert rapide, gleichzeitig machen wir spektakuläre medizinische Durchbrüche, die es erlauben, das Leben immer weiter zu verlängern. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir mit diese Möglichkeiten umgehen: wann geben uns lebensverlängernde Maßnahmen Zeit für ein Abschiednehmen in Würde, wann bedeuten sie eine Verlängerung von Leid? Diese Frage kann und darf der Staat nicht beantworten - aber jeder und jede Einzelne von uns sollte dies für sich klären und dies an seine Angehörigen oder über eine Patientenverfügung kommunizieren.

Unsere Rolle als Politik ist es, den Rahmen dafür zu schaffen, dass diese individuellen Wünsche und Erwartungen bezüglich des eigenen Lebensendes auch verwirklicht werden können. Dafür arbeite ich.

Mit freundlichen Grüßen

Josip Juratovic

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