Frage an Josip Juratovic von Matthias W. bezüglich Umwelt
Hallo Herr Juratovic,
wie besprochen, hier folgende Anfragen:
Ist es im Interesse der Bundesregierung, wenn die RWE auf Vorrat roden will?
(siehe hierzu BUND-ANALYSE)
www.bund-nrw.de/themen/mensch-umwelt/braunkohle/hintergruende-und-publikationen/braunkohlentagebaue/hambach/zeithorizonte-tagebau-hambach
Welche Kosten beträgt der Polizeieinsatz dort?
welche Ausgleichsflächen sind vorgesehen?
Zu wieviel % ist der Staat an der RWE beteiligt (Aktienbesitz)?
ist es im Sinne eines funktionierenden Rechtsstaats und für diesen zuträglich, einem Unternehmen (vom Steuerzahler finanzierten!) Polizeischutz zu gewähren, um Naturschüzter gewaltsam zu vertreiben und ganze Wälder zu roden?
Obwohl davon das Überleben des Unternehmens nicht abhängt. Das der Flora & Fauna im betroffenen Gebiet hingegen schon.
Fragen zu Nachhaltigkeit, Subventionen/Energiepolitik
Gehört zu einer tragbaren Energiepolitik nicht zumindest die Orientierung am Gemeinwohl?
Wo bleiben die zukunftfähigen Arbeitsplätze in Deutschland?
Weshalb soviele Milliarden für Kohleförderung, wenn doch a) die Energiewende beschlossen wurde und b) Steuergelder zumindest halbwegs verantwortungsvoll zu verwenden sind!?
Wer verantwortet das?
www.solarify.eu/2017/05/19/819-32-milliarden-euro-fuer-kohlefoerderung
Liegt es nicht in der Verantwortung der Politik, angesichts des drohenden Klimkollaps und der schlechten Luft (u.a. durch fossil angetriebene Baumaschinen), große (Energie)konzerne in die Pflicht zu nehmen, umweltschonende, zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen?
Ist es heutzutage noch vertretbar, daß regenerative Energie (die ohne fossile Brennstoffe erzeugt wird) für die Haushalte teurer ist als fossil und klimaschädlich erzeugte ?
Wie sehen das Ihre Parteikollegen?
Hoffnungsvolle Grüße von
M. W.
Hallo Herr W.,
vielen Dank für Ihre Anfragen. Die bevorstehende Rodung des Hambacher Forstes war und ist in der Tat ein Thema, dass unsere Gesellschaft in den letzten Tagen sehr bewegt hat.
Mittlerweile, das haben Sie ja sicherlich auch der Presse entnommen, war der Antrag des BUND erfolgreich, so dass die Rodung erstmal gestoppt werden konnte. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat einen vorläufigen Rodungsstopp im Hambacher Forst verfügt. Das Verbot gilt solange, bis über die Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutzes Deutschland (BUND) NRW gegen den Hauptbetriebsplan 2018 bis 2020 für den Braunkohletagebau Hambach entschieden ist. Den Tagebau kann RWE fortsetzen, solange die Waldflächen nicht in Anspruch genommen würden.
Zur Einordung möchte ich Ihnen jedoch auch mitteilen, dass RWE die Waldrodung im Hambacher Forst 2014 durch die rot-grüne Landesregierung vertraglich zugesichert wurde. Es handelt sich also hier um ein bestehendes, rechtskräftiges Urteil. Der Einsatz der Polizei ist somit legitimiert und bestehendes Recht muss in einem funktionierenden Rechtsstaat mit den bestehenden rechtsstaatlichen Mitteln durchgesetzt werden dürfen. Soweit man das bislang bewerten kann, verlief der Protest und auch der Einsatz der Polizei nicht gewaltsam. Zu den Kosten bezüglich des Polizeieinsatzes kann ich Ihnen leider nicht viel sagen, da ich keine verlässlichen Zahlen vorliegen habe. An jegliche Schätzungen würde ich mich nicht binden wollen.
Die SPD ist die Partei, die Klimaschutz und den Erhalt von Industriearbeitsplätzen vernünftig in Einklang bringen will. Der mittelfristige Ausstieg aus der Kohleverstromung ist beschlossen und bleibt das Ziel.
Die Versorgung Deutschlands nur mit erneuerbaren Energien reicht Stand heute noch nicht aus. Wir sind in der Übergangsphase noch auf fossile Energieträger angewiesen. Wir arbeiten daran, dass sich dies in der Zukunft ändern wird. Mit der Kohle haben wir allerdings einen heimischen fossilen Energieträger, den wir nach unseren (Umwelt-) Standards fördern können. Es liegt daher in unserem Interesse, die heimische fossile Kohleförderung zu unterstützen – um Arbeitsplätze zu sichern und aus Klimaschutzgründen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat bereits viele Ideen für zukunftsfähige Arbeitsplätze auf den Weg gebracht. Auch hier gilt, verschiedene Interessen in einem Kompromiss vernünftig zu bündeln. Hätte die SPD im Bund einen höheren Stimmenanteil, wäre hier auch eine andere Politik möglich.
Doch die Politik ist nur eine Seite der Medaille. Gefordert sind hier auch Unternehmen und Gewerkschaften, sowie Verbraucherinnen und Verbraucher.
Sie haben Recht, dass Politik die Rahmenbedingungen für die Energiewende abstecken muss. Der Klimaschutz ist unser aller Interesse, vor allem im Sinnen unserer nachfolgenden Generationen.
Doch es wäre zu einfach, den Finger immer nur auf die Politiker zu zeigen. Jeder und jede einzelne von uns kann einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Mit freundlichen Grüßen
Josip Juratovic