Frage an Josip Juratovic von Guido F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Juratovic,
in Ihrer Antwort an H. F. schrieben Sie: "Ich sehe, wie meine Partei, Cannabis nicht als harmlose Droge an. Deshalb wollen wir an der grundsätzlichen Strafbarkeit des Besitzes, des Anbaus und des Inverkehrbringens von Cannabis festhalten."
3.3 Mio. Bundesbürger sind alkoholabhängig oder konsumieren missbräuchlich, 9,5 Mio. trinken täglich schädliche Mengen und mehr als 73.000 sterben jährlich aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums ( http://tinyurl.com/DHS-Alko ). Mit 393.000 Betroffenen war Alkohol im Jahr 2008 für 60-mal so viele Behandlungsfälle verantwortlich wie Cannabis ("Diagnosedaten der Krankenhäuser ab 2000" über www.gbe-bund.de, Stichwortsuche: Alkohol, bzw. Cannabinoide).
Die Zahl der wegen Alkoholvergiftung in ein Krankenhaus eingelieferten Jugendlichen verfünffachte sich in den vergangenen 20 Jahren. Allein zwischen 2002 und 2008 verdoppelte sie sich ( http://tinyurl.com/3t3jmve ).
Alkohol ist eine der gefährlichsten Drogen überhaupt ( http://tinyurl.com/DroRan2 , http://tinyurl.com/2jmp5r , http://tinyurl.com/35rhl35 ). Entsprechend ist der Alkoholkonsum weitaus schädlicher als der Cannabisgebrauch ( http://tinyurl.com/3azcw6w , http://tinyurl.com/Krumdiek ).
Halten Sie Alkohol vor diesem Hintergrund für harmlos, und wie stehen Sie zu einem Alkoholverbot?
Ist es I.E. sinnvoll, dass das tödliche Nervengift Alkohol schon für Minderjährige frei verfügbar ist, und ist es menschlich akzeptabel, dass Nutzer weniger riskanter Substanzen gleichzeitig strafrechtlich verfolgt werden?
Trotz des Verbots ist Cannabis für ca. 40 Prozent der 15-16-Jährigen verfügbar ( http://tinyurl.com/2fupz2e ), und unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland ist der Konsum weiter verbreitet als in den Niederlanden, wo Cannabis für Erwachsene frei verfügbar ist ( http://tinyurl.com/2atl48x ).
Welchen Sinn hat das Verbot I.E., wenn Cannabis selbst für Heranwachsende trotzdem verfügbar ist?
Freundliche Grüße
Guido Friedewald
Sehr geehrter Herr Friedewald,
ich entschuldige mich für meine verspätete Antwort. Bei mir bestand ein technischer Fehler, weshalb ich Ihre Anfrage erst jetzt entdeckt habe.
Sie haben inhaltlich eine ähnliche Frage wie H. M. vor Ihnen gestellt. Mein Kollege Kelber hatte H. M. bereits geantwortet. Auch meine Kollegin Angelika Graf hat sich intensiv hier auf abgeordnetenwatch der Diskussion gestellt.
Ich kann nachvollziehen, dass Sie sowohl bei Alkohol als auch bei Cannabis von einem erheblichen Suchtpotenzial ausgehen. Das sehe auch ich. Dennoch erkennen, wie in einer vorangegangenen Antwort beschrieben, zahlreiche Studien starke akute und langfristige Beeinträchtigungen bei Cannabis-Konsum. Dies können wir nicht ignorieren. Die SPD-Bundestagsfraktion will daher das Verbot des Drogenkonsums beibehalten. Allerdings setzen wir uns gleichzeitig für eine Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten ein.
Freundliche Grüße
Josip Juratovic