Josip Juratovic MdB
Josip Juratovic
SPD
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Frage von Christoph K. •

Frage an Josip Juratovic von Christoph K. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Juratovic,

In Artikel 102 unseres Grundgesetzes steht: "Die Todesstrafe ist abgeschafft."

Staatsrechtler Schachtschneider und andere vertreten allerdings die Ansicht, dass der Vertrag von Lissabon die Wiedereinführung der Todesstrafe oder das Töten von Menschen (z.B. bei Unruhen) ermöglicht. Auch die Grundrechte Charta und die Erklärungen dazu würde dem nicht entgegen wirken. Unter anderem deswegen wurde Verfassungsklage eingereicht. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom Juni zum Lissabonvertrag (Begleitgesetze) hat dazu, soweit ich es versteh, keine Stellung genommen.
Sie werden verstehen, dass mich dies sehr beunruhigt. Ich bin leider weder EU-Experte noch Jurist um die Fragestellung selbst zu beantworten.

Sind die von Herrn Schachtschneider aufgeworfenen Argumente / Punkte eindeutig widerlegt oder ist die Frage noch strittig? Gilt definitiv und unübersteuerbar der Satz in unserem Grundgesetz auch weiterhin „Die Todesstrafe ist abgeschafft“ und darf jetzt und in Zukunft auch weiterhin nicht getötet werden, auch nicht bei Demonstrationen / Unruhen?

Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Köble

Josip Juratovic MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Köble,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Vertrag von Lissabon. Ich bin im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages für den Bereich der Europäischen Union zuständig, daher gehe ich gerne auf Ihre Frage ein.

Ich kann Ihnen versichern: Trotz Bedenken des Professor Schachtschneider aus Würzburg ist die Todesstrafe in der EU nicht eingeführt worden und wird auch nie eingeführt werden.

Deutschland gehört zu den Unterzeichnerstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), deren Inhalte auch Eingang in den Lissabon-Vertrag fanden. Dazu gehört mit dem Zusatzprotokoll Nr. 13 auch das Verbot der Todesstrafe in Friedenszeiten. Die Abschaffung der Todesstrafe im Beitrittsland gehört zu den essentiellen Aufnahmekriterien für eine EU-Mitgliedschaft.

Die Formulierung, von der der Würzburger Professor spricht, entstammt dem 6. Zusatzprotokoll der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das 13. Zusatzprotokoll ist in fast allen EU-Staaten ratifiziert. Damit ist die Regelung, die Herr Schachtschneider anführt, praktisch bedeutungslos. Alle Einschränkungen, die im 6. Zusatzprotokoll noch aufgeführt sind, sind aufgehoben. EMRK und das 13. Zusatzprotokoll sind bindendes Recht.

Mit dem Vertrag von Lissabon wird auch die Grundrechtecharta rechtsverbindlich, in der die Todesstrafe explizit verboten ist. Artikel 102 unseres Grundgesetzes gilt damit uneingeschränkt.

Das Bundesverfassungsgericht ist zudem bekannt dafür, europarechtliche Regelungen genau auf ihre Vereinbarkeit mit unserem Grundgesetz zu überprüfen. Daher sehe ich nicht nur aus meiner politischen Sicht, dass das 13. Zusatzprotokoll im Bereich der Todesstrafe nicht im Widerspruch zu Artikel 102 GG steht, sondern auch juristisch ist dies überprüft.

Wir Sozialdemokraten werden uns auch weiterhin europa-, aber auch weltweit gegen die Todesstrafe aussprechen und politisch auf Länder einwirken, in denen die Todesstrafe noch vollzogen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Josip Juratovic

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