Frage an Josip Juratovic von Wolf-Dieter V. bezüglich Soziale Sicherung
Ihre Antwort habe ich erhalten,
jedoch stellen sich für mich nach wie vor enscheidende Fragen der Finanzierung.
Da ich selbst Beamter bin, über die Beihilfe zu 50% abgesichert werde, frage ich Sie, wie hoch werden die Beiträge bei einer Bürgerversicherung?
Bleibt das Beihilfesystem erhalten?
Wie hoch wird der Arbeitgeberanteil?
Bei einer vollständigen Umlegung der zukünftigen Beiträge zu Lasten des Arbeitnehmers fallen viele bei ihren Einkünften unter den Sozialsatz.
Ich verweise darauf, dass es in der letzten Vergangenheit Kommunen gab, welche keine Beamten, sondern nur noch Angestellte einstellen wollten.
Die Kosten, welche durch Sozialabgaben entstanden waren jedoch zu hoch.
Sehr geehrter Herr Veigel,
ich danke für Ihre präzisen Nachfragen, die ich versuchen möchte, ebenso präzise und kurz zu beantworten.
1. Die Beiträge zur Bürgerversicherung werden sich anfangs an den derzeitigen Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (14,9 % paritätisch von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zusätzlich 0,9 % Zusatzbeitrag für den Versicherungsnehmer) orientieren. Durch die verbreiterte Bemessungsgrundlage (Einbeziehung aller Arten von Einkommen) und den gestiegenen Personenkreis wird dieser Beitrag laut wissenschaftlicher Simulationen jedoch bald sinken können.
2. Nein, das Beihilfesystem, das neben GKV und PKV als eigenständiges Krankenfürsorgesystem für Beamte besteht, wird langfristig nicht erhalten bleiben. Beamte würden genau so in das System der Bürgerversicherung integriert werden, in der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Beiträge einzahlen und in dem die erbrachten Leistungen von der Versicherung direkt übernommen werden. Selbstverständlich wird es in der Übergangsphase Regelungen geben, damit für die Versicherten keine Doppelbelastungen entstehen.
3. Mit der Einbeziehung aller Einkommensarten für die Berechnung der Beiträge wird auch die Frage der anteiligen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer diskutiert. Auf Zins- und Mieteinnahmen kann selbstverständlich kein Arbeitgeberanteil erhoben werden. Für die SPD und mich ist klar, dass wir die paritätische Finanzierung erhalten wollen und Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam gleich hohe Beiträge entrichten sollen. Damit werden die Lasten beider Seiten nicht erhöht, sondern langfristig, sobald die angesprochene Beitragssenkung Realität werden kann, gesenkt. Reallohnverluste werden also nicht eintreten.
4. Bereits jetzt gibt es zahlreiche Studien, die belegen, dass sich das Beihilfesystem für die Staatskassen nur für die aktiven Beamten lohnt. Zieht man in die Kostenberechnung alle Versorgungsempfänger, also insbesondere Pensionäre, ein, ist eine Integration in die GKV bereits heute lohnenswert. Die Berechnungen einiger Kommunen, dass Beamte im Beihilfesystem für die Staatskasse billiger seien als Angestellte mit Sozialabgaben, mag für eine begrenzte Zeit und für einige Fälle gelten. Langfristig und insbesondere bei der Gesamtberechnung der Beihilfelasten sind die Einsparungen durch eine Systemumstellung jedoch durch zahlreiche Gutachten belegt, nicht zuletzt durch das Jahresgutachten 2004/05 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der wirtschaften Entwicklung. Wenn die öffentlichen Haushalte heute durch die Einbeziehung der Beihilfeberechtigten in die Bürgerversicherung anstatt der Beihilfezahlungen einen Beitragszuschuss auf Dienstbezüge und Pensionen - also einen Arbeitgeberanteil zum Krankenversicherungsbeitrag - zu zahlen hätten, ergäben sich dadurch Einsparungen von 10 Prozent der derzeitigen Beihilfeausgaben.
Neben diesen fiskalischen Fragen einer Systemumstellung fordert ein solcher immer politischen Mut. Auch den politischen Mut, vor technischen und kniffligen Details, die bei einer Neuordnung der deutschen Gesundheitsversorgung mit den drei nebeneinander existierenden komplizierten Systemen von GKV, PKV und Beihilfe enstehen, die Augen nicht zu verschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Josip Juratovic MdB