Frage an Joseph Fischer von werner s. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Wie werden Sie sich angesichts der Planungen für einen Militärschlag gegen den Iran
verhalten? Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um diese Gefahr
abzuwenden?
Sehr geehrter Herr Schuren,
Iran ist weit von einer funktionierenden Demokratie entfernt, auch wenn es in den letzten Jahren Fortschritte bei der Pluralisierung der öffentlichen Meinungsbildung gegeben hat und die privaten Freiräume im Iran etwas größer geworden. Diese Fortschritte sind aber bei weitem nicht ausreichend, da die politische Freiheit sich nicht entsprechend entwickelt hat. Nach wie vor geschehen im Iran schwerste Menschenrechtsverletzungen, nach wie vor unterstützt das Regime extremistische Organisationen im Ausland. Die Sehnsucht nach einer Lockerung des Regimes, die Präsident Chatami zweimal ins Amt getragen hatte, wurde bei der letzten Präsidentschaftswahl bitter enttäuscht. Viele gerade der jüngeren Wählerinnen und Wähler haben sich vom Regime und damit von der Politik abgewendet. Nun versuchen die Mullahs, die Gesellschaft über verstärkte nationalistische Appelle wieder hinter sich zu bringen. Ausdruck dessen ist das Beharren auf dem Recht, ein vollständiges Atomprogramm aufzubauen.
Angesichts der vom Iran in der Vergangenheit betriebenen Politik bestehen berechtigte Zweifel an der ausschließlich friedlichen Nutzung der Kernenergie. Iran muss diese Zweifel nachprüfbar ausräumen. Wir können nur dringend davor warnen, diesen gefährlichen Weg weiter zu beschreiten. Er gefährdet die ohnehin zögerliche Integration des Landes in die internationale Wirtschaft und Politik, auf die der Iran im eigenen Interesse mehr denn je angewiesen ist. Gerade die Reformer im Iran müssen erkennen, dass eine erneuerte internationale Isolierung des Landes nur den Mullahs nützt, weil sie das undemokratische islamische Regime stabilisiert.
Im Atomstreit mit dem Iran ist die Bundesregierung - und nicht zuletzt der grüne Außenminister - immer in der ersten Reihe, wenn es darum geht, diplomatische und friedliche Wege aus einer Krise aufzuzeigen. Joschka Fischer wird in der Auseinandersetzung mit dem Iran nicht müde zu betonen, die Notwendigkeit eines wirksamen internationalen Regimes zu betonen, um der atomaren Bedrohung zu begegnen. Ein Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag spielt dabei eine ganz zentrale Rolle. Angesichts neuer und wachsender Proliferationsgefahren gilt es sicherzustellen, dass die Verpflichtung zur Nichtverbreitung eingehalten werde. Dies zielt auch den Iran ab. Der Regierung Irans warf Fischer mehrmals vor, das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft erschüttert zu haben. Angesichts von Drohungen, möglicherweise die Anreicherung von Uran wieder aufzunehmen, forderte der Minister Teheran bei mehreren Gelegenheiten auf, ernsthaft über Garantien für eine ausschließlich friedliche Nutzung seiner Kernkraftanlagen zu verhandeln. In dieser Haltung ist er sich mit seinen britischen und französischen Amtskollegen einig. Zu dritt versuchen sie, den Iran davon zu überzeugen, Atomkraft lediglich zur zivilen Nutzung zu produzieren. Dieses „Triumvirat“ hat angekündigt, den Fall Iran vor den Sicherheitsrat der UN zu bringen, sollte sich der Iran in nächster Zukunft nicht zur Annahme des Angebots der EU und zur Kooperation entschließen. Jetzt liegt es in den Händen der iranischen Regierung, kooperativ mit der EU zusammenzuarbeiten oder sich international zu isolieren.
Mit freundlichen Grüßen