Dieses Bild zeigt ein lächelndes Portrait-Foto von Frau Dr. Josefine Koebe.
Josefine Koebe
SPD
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Frage von Theresa H. •

Liebe Frau Koebe, wenn Sie drei Kernthemen/Ziele wählen dürften, für die sie sich einsetzen wollen: Was wäre diese und warum? Wie stehen Sie außerdem zu den Grünen als Partei? Danke schonmal

Danke auch für ihr politisches Engagement, das ist ja immer gar nicht so ohne…

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Antwort von
SPD

Liebe Frau H.,

vielen Dank für Ihr Interesse!

Ich fang gleich mal mit einem Thema an, das für mich im Wahlkampf ganz besonders sichtbar wurde. Ich nenne es mal ...

1. Kampf gegen Demokratie-Frust

Ich trete mit dem Slogan "erfrischendecht" in diesem Wahlkampf erstmalig an und bin der tiefen Überzeugung, dass Politik wieder lebensnäher sein muss. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Puzzle-Teil auf dem Weg dahin ist, politische Amtszeiten zu begrenzen. Damit wäre einfach ein größerer Durchlauf gegeben und Menschen könnten in unterschiedlichen Lebensphasen ihre Expertise und vor allem unterschiedliche Lebensrealität einbringen. Die (auch von einer aufgeheizten Medien-Landschaft geförderten) Kluft zu "den da oben" ist Gift, denn es braucht riesen gemeinsame Kraftanstrengung von uns allen für alles, was vor uns liegt. Ich kann die Sehnsucht nach einfachen Lösungen in einer sich immer schneller drehenden Welt verstehen, ich will die auch für meine Familie und mich. Aber es ist nun mal nicht einfach, sich Gedanken über die eigenen vier Wände hinaus zu machen - für Systeme, also Krankensysteme, Rentensysteme, Schulsysteme kluge und nachhaltige Lösungen zu finden. Wir müssen da glaube ich viel besser werden, den Anspruch einerseits an die "Dienstleistung Politik" herunterzufahren und uns frei machen von der Vorstellung, Politiker:innen seien bessere Menschen und wissen selbst immer, was das beste ist. Wissen sie sicher nicht. Aber Politik verdient trotzdem einen besseren Ruf. Denn sich für viele einzusetzen verdient Respekt. Andererseits will ich auch Schluss machen mit dem Politikstil der gelegentlichen "Bürgersprechstunde", ich denke in ganz vielen Dingen könnten Bürgerinnen und Bürger besser und direkter eingebunden werden, z.B. durch zufällig ausgewählte Bürgerräte (da gibt es schon tolle Beispiele). Ich werde meine Hausbesuchstour auch nach einer Wahl in sitzungsfreien Wochen fortführen mit dem Ziel innerhalb einer Legislatur an allen Haustüren im Wahlkreis geklingelt und ein Gesprächsangebot unterbreitet zu haben. Auch ein Wahlkreis"büro" kann ein lebendiger Begegnungsort sein, es kommt immer darauf an, wie nah bei den Menschen man Politik gestalten will.

2. Bildung

Die Gewerkschaft GEW forderte zurecht zum Streik auf unter dem Slogan "Zeit für mehr Zeit" - die Hütte brennt und da geht es auch um mehr Ressourcen, aber vor allem um eine andere Prioritätenliste. Wir müssen Strukturen verändern, die Erfahrungen der Leuchtturm-Schulprojekte in die Fläche bringen (interessant ist, dass diese Leuchtturmschulen vor allem eins auszeichnet, dass sie alles anders machen, als die Bildungsstruktur es eigentlich vorgibt).

3. Migration

Ich komme gerade von einer Podiumsdiskussion mit einem Mittelstands-Verband, für den ich nochmal die empirischen Potenziale von Migration mit Hilfe regionaler Daten aufgezeigt habe. Fakt ist: Der Boomer-Bauch (Altenquotient: Auf eine ü65 Person, kommen nur noch 2-3 Personen im erwerbsfähigen Alter, die eine Rente stemmen müssen) den wir in den nächsten Jahrzehnten noch viel dramatischer zu spüren bekommen werden, zeigt ganz klar: Wir stehen im Wettbewerb um ausländische Kräfte und haben aber in Deutschland und leider auch im Kreis Bergstraße noch nicht das nötige mindset, das uns attraktiv und die Potenziale nutzbar macht (kürzlich auch eine Diversitäts-Studie herausgekommen, die den wirtschaftlichen Schaden von fehlender Willkommenskultur und Bürokratie auf 100 Milliarden schätzt).

Ich tue mich schwer damit zu Ihrer Frage nach meiner Beurteilung "der Grünen" Stellung zu beziehen. Es ist ähnlich wie mit der Kirche. Die katholische Kirche ist mir aus mehreren Gründen sehr fern, allerdings kenne ich auch einzelne Diakone, die unglaublich wertvolle Arbeit ganz nah an den Menschen machen und dabei viel Gutes tun. Wir sollten versuchen gegen dieses Einsortieren in Kategorien und damit auch wieder eine Vereinfachung vorzugehen. Ich kenne einige Grüne, die ich sehr schätze und die mir inhaltlich sogar viel näher stehen als manch ein eigener Parteikollege, andere weniger. Einige kämpfen mit mir um ähnliche Inhalte, bei anderen fehlt mir vermehrt den oben angesprochenen Realitätsbezug oder Anerkennung, dass sie für bestimmte Klientele Politik machen, aber eben nicht für diejenigen, die im Leben weniger gute Startbedingungen haben und deshalb auch weniger zu einer Gesamtanstrengung, z.B. beim Kampf gegen den Klimawandel, beitragen können.

Ich bin jetzt etwas lang geworden in meinen Antworten, hoffentlich nicht zu langatmig für Sie. Ich bin wahrscheinlich von der Diskussion heute morgen noch richtig im Thema drin.

Beste Grüße und noch einen schönen Tag für Sie,

Josefine Koebe

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