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Josef Schmid
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Frage von Alexander S. •

Warum stellen sie sich gegen das im Grundgesetz verankerte Grundrecht auf Klimaschutz? Müssen Kinder und Enkel in Bayern das Grundrecht auf Klimaschutz einklagen?

Wegen der Abstandsregel (10H), an der die CSU weiter festhält, werden in Bayern kaum noch neue Windräder gebaut. Privater Widerstand in ihrem Land zeigt aber einen ganz anderen Willen der Bevölkerung: „Bürgermeister Erwin Karg ist stolz auf seinen kleinen Beitrag zur Energiewende. Vier Windräder hat die bayerische Gemeinde Fuchstal gebaut - in Eigenregie.“
Mit seinem wegweisenden Beschluss vom 29.4.2021 stellt das Bundesverfassungsgericht klar, dass Klimaschutz schon jetzt im Grundgesetz verankert ist und wir heute mehr für den Klimaschutz machen müssen, um die Freiheitsrechte nachfolgender Generationen nicht zu gefährden.
Ohne Klimaschutz wird es auch keine Aktiengesellschaften mehr geben, von denen die gierigen Vorstandsbosse und Aktionäre profitieren.
Warum stellen sie sich gegen das im Grundgesetz verankerte Grundrecht auf Klimaschutz? Müssen Kinder und Enkel in Bayern das Grundrecht auf Klimaschutz einklagen?

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Im Zusammenhang mit der Energiewende gilt es sehr viele unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen. Die Energiewende wird nur gelingen, wenn sie gemeinsam mit Bürgern und Wirtschaft gestaltet wird. Vor allem bei der Windenergie reicht das Spektrum von der Gegnerschaft einer „Verspargelung“ der Landschaft bis zu ihren sehr aktiven Förderern. Ob es nun die Sorge um das Landschaftsbild, der Einsatz für das Gelingen der Energiewende oder die Wahrnehmung einer wirtschaftlichen Chance ist, es gibt viele Beweggründe, und alle haben ihre Berechtigung. Eine klare Abstandsregelung zur Wohnbebauung, wie sie mit der 10-Regelung eingeführt wurde, kann befriedend wirken.

Die 10 H-Regelung bietet nach ihrer gesetzgeberischen Intention die Möglichkeit eines fairen Ausgleichs zwischen den Erfordernissen der Energiewende und den zu berücksichtigenden Interessen der örtlichen Wohnbevölkerung. So führt die Gesetzesbegründung aus dem Jahr 2014 ausdrücklich aus: „Ein Ausbau gegen den Willen der Bevölkerung vor Ort ist nicht sachgerecht.“ Von diesem „Regel-Mindestabstand“ kann in einem mitwirkungsfreundlichen Bauleitplanverfahren (§§ 1 ff. BauGB) abgewichen werden. Insoweit ist die Bauleitplanung ein geeignetes und anerkanntes Mittel, um in einem transparenten und förmlichen Verfahren unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Fachbehörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange Baurecht für Windenergieanlagen unabhängig von einem 10 H-Abstand zu schaffen und die Energiewende in den Kommunen unter Berücksichtigung berechtigter Anliegen der betroffenen Menschen zu steuern. Die Entscheidung darüber obliegt jedoch den Kommunen als Träger der kommunalen Planungshoheit. Die Staatsregierung stellt u.A. durch umfangreiches Informationsmaterial sicher, dass das Bewusstsein für eine Abweichungsmöglichkeit von der 10 H-Regelung durch Bebauungsplan besteht und dass die Kommunen die für eine derartige Planung nötigen Informationen haben. So ist beabsichtigt, ein aktualisiertes Merkblatt für die Bauleitplanung von Windenergieanlagen in Kürze zu veröffentlichen und die Kommunen darauf hinzuweisen.

Die Windenergie wird auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil der eingeleiteten Energiewende bleiben. Zu beachten ist aber auch: Die Menschen in Bayern müssen diesen Weg begleiten. Die Umstellung auf erneuerbare Energien kann nicht über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg entschieden werden. Gerade die Bauleitplanung ist ein Instrument, um vor Ort Lösungen zu finden und den Ausbau der Windenergie dort zu stärken, wo er mehrheitlich gewünscht ist. Die Aufstellung entsprechender Flächennutzungs- und Bebauungspläne stellt ein intensives und transparentes Verfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit, fachkundiger Träger öffentlicher Belange und betroffener Nachbargemeinden dar. Selbst wenn die oftmals ins Feld geführte Behauptung zuträfe, ein Großteil der Bevölkerung befürworte die Windenergie, so kommt es bei Windenergieanlagen wegen deren Standortbezogenheit darauf an, ob diese Akzeptanz vor Ort finden. Die Energiewende darf nicht zu Spaltungen in der Bevölkerung führen. Das Argument, die 10 H-Regelung erhöhe nicht die Akzeptanz der Windenergie, kann nicht nachvollzogen werden. Seit Geltung der 10 H-Regelung haben Gemeinden in Bayern im Rahmen ihrer Planungshoheit mehrfach Bebauungspläne für Windenergieanlagen unterhalb des 10 H-Mindestabstandes erlassen. Warum eine Realisierung derartiger Anlagen auf Grundlage eines mehrheitlichen Gemeinderatsbeschlusses und eines Bauleitplanverfahrens, das Beteiligungsmöglichkeiten sichert, gegenüber einer Realisierung derartiger Anlagen unterhalb 10 H ohne Bebauungsplan nicht akzeptanzsteigernd sein soll, kann nicht nachvollzogen werden. Warum die 10 H-Regelung Investitionen von Bürgern verhindern soll, kann ebenfalls nicht nachvollzogen werden. Gerade bei der Realisierung von Anlagen mittels eines Bebauungsplans kann sich eine Beteiligung von Bürgern an Projekten anbieten. Die mit Wirkung vom 14. August 2020 neu gefasste bundesweit geltende Ermächtigungsgrundlage zur Festlegung von Mindestabständen bis zu 1000 m durch Landesrecht (§ 249 Abs. 3 BauGB), lässt ausdrücklich bisher erlassene Mindestabstandsregelungen im Landesrecht unberührt, s. § 249 Abs. 3 Satz 4 BauGB.

Die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat sich gem. Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, „für die Windenergie an Land […] zwei Prozent der Landesflächen“ auszuweisen. Die Ausgestaltung soll über das BauGB erfolgen. Im ersten Halbjahr 2022 sollen hierzu „gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen alle notwendigen Maßnahmen anstoßen, um das gemeinsame Ziel eines beschleunigten Erneuerbaren-Ausbaus und die Bereitstellung der dafür notwendigen Flächen zu organisieren.“ In Bayern steht einem solchen Flächenziel die 10 H-Regelung entgegen. Ministerpräsident Dr. Söder hat im Gespräch mit BM Habeck vom 20.1.2022 geäußert, dass Bayern an der 10 H-Regel festhält und zugesagt, anderweitige Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausbau der Windkraft voranzutreiben. Ministerpräsident Dr. Söder hat entsprechende Regelungen bis März 2022 zugesagt.

Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichend greifen, könnte die Abschaffung der bundesgesetzlichen Grundalge für die 10 H-Regel durch Änderung von § 249 Abs. 3 Satz 4 BauGB im Raum stehen. Die Ampel würde somit wohl den früheren Rechtsrahmen einsetzen. Dies bedeutet konkret: Windkraftanlagen gelten nach § 35 Abs. 1 Ziffer 5 als privilegierte Bauvorhaben. Der Mindestabstand würde auf das immissionsschutzrechtliche Minimum reduziert werden. Dieser beträgt gem. Auskunft der Fachebene rund 1.000 m. Eine Bürgerbeteiligung fände somit nicht mehr zwingend statt. Lediglich im Falle einer sog. Positivplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, bei der die Gemeinde Flächenabschnitte zur Nutzung von Windkraft festlegen, würde die Bevölkerung im Rahmen der üblichen Flächennutzungsplanverfahren beteiligt. Im Artenschutzrecht möchte die Bundesregierung ebenfalls zugunsten der Windkraft nachbessern.

Beste Grüße

Josef Schmid

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