Frage an Josef Rief von Wolfgang R. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Rief!
Anne Will hat in Ihrer Sendung vom 09.01.2011 unter großem Applaus angesprochen, was auch Millionen verantwortungsvoller Verbraucher wünschen, eine Kennzeichnungspflicht von Fleisch, die Auskunft darüber gibt, wie die Tiere gehalten (Massentierhaltung oder artgerechte, kleinbäuerliche Haltung), transportiert (quer durch Europa oder aus dem Nachbereich) und getötet wurden (im Fließbandverfahren oder „human“) bevor sie in der Ladentheke und später auf den Tellern landen. Vielleicht ließe sich das mit einer Art Ampelkennzeichnung verwirklichen. Ich würde gerne Fleisch essen, verzichte aber weitgehend darauf, da ich nicht weiß ob das Tier gelitten oder ob es ein annähernd würdevolles Leben geführt hat.
Da 2002 bei uns, als erstem Land auf der Welt, der Tierschutz als Staatsziel erklärt wurde, sollte die Politik auch in dieser Richtung mit einer entsprechenden Gesetzgebung voranschreiten. Dabei sollte die Vorgehensweise in anderen Ländern nicht als Vorwand missbraucht werden, nichts zu tun. Diese sollten vielmehr auch vom ethischen Wert des Tierschutzes überzeugt werden. Beim Umweltschutz sind wir ja auch Vorreiter.
Ist die CDU bereit jene Bürger zu unterstützen, die für nachhaltig erzeugte Lebensmittel einen höheren Preis zahlen würden? Wenn ja, durch welchen Maßnahmen & Regelungen wollen Sie das erreichen? Ich denke, eine ethisch und christlich ausgerichtete Politik mit dem Tierschutz im GG darf es nicht dem Markt überlassen, ob Tiere ein unwürdiges Schicksal erleiden, nur damit ihre Produkte billig sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Richter
Sehr geehrter Herr Richter,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich kann verstehen, dass die Bilder, die von Tierschutzorganisationen und den Medien gezeigt werden, Zweifel daran aufkommen lassen, dass in der Landwirtschaft Tiere vernünftig und nach ethischen Grundsätzen gehalten werden. Ich bin selbst Landwirt und kann Ihnen aus der Praxis sagen, dass dies grundsätzlich der Fall ist. Selbstverständlich ist heute zum Beispiel ein moderner Schweinemastbetrieb nicht mit der romantischen Vorstellung eines glücklichen Schweins auf einem Bauernhof vor 50 Jahren vergleichbar. Wir haben heute europaweit und auch besonders in Deutschland strenge Vorschriften für die Tierhaltung. Ein Mastschwein heute hat ein sehr viel tiergerechteres Leben als noch vor 50 Jahren, wo es in engen Ställen mit wenig Licht im eigenen Mist stand. Die moderne Schweinemast lässt den Schweinen mehr Platz, es gibt hygienischere Bedingungen, ausgewogenes Futter mit weniger Krankheiten. Transport und Schlachtung sind stark reglementiert und kontrolliert. Nur ein gesundes Schwein wird am Ende gut vermarktbar sein.
Sollte der Tierschutz und die Vorschriften für die Haltung in Betrieben nicht eingehalten werden und Kontrollen ergeben dies, wird das nicht toleriert. Es ist also nicht die Regel, sondern der Einzelfall, dem wir immer nachgehen müssen.
Sie fragten nach der Kennzeichnung für die Haltung von Tieren. Schon heute gibt es bei fast allen Schlachttieren (Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen) eine Kennzeichnungspflicht, die den Aufenthaltsort und die Herkunft der Tiere nachvollziehbar macht. Hier gibt es z.B. Ohrmarken oder Tätowierungen und dann im Schlachthof Stempel, die die Herkunft sicherstellen.
Am Ende bleibt es aber Ihnen als Konsumenten überlassen. Überzeugen Sie die strikten gesetzlichen Vorgaben und die gewissenhaft arbeitende Landwirtschaft nicht, so können Sie lokal einkaufen, Ihren Produktionsbetrieb besichtigen und wissen genau, wie das Tier gehalten wurde, dessen Fleisch Sie essen.
Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu: Ethische Fragen dürfen bei der Fleischproduktion nicht erst nach den kommerziellen Aspekten eine Rolle spielen. Wer aber unsere Bevölkerung mit Fleisch versorgen will, muss am Ende viele Tiere extra für diesen Zweck halten und letztlich auch schlachten.
Uns sind alle Bewirtschaftungsweisen gleich viel wert. Hier in Baden-Württemberg werden ökologisch wirtschaftende Betriebe stärker unterstützt als konventionell wirtschaftende Betriebe. Trotzdem ist das Einkommen in der Ökolandwirtschaft geringer.
Zur Größe der Betriebe muss man wissen, dass heute durch bessere Haltungsbedingungen und technischen Fortschritt (z.B. automatischer Fütterung) mehr Tiere gehalten werden können. Dies ist auch notwendig, da ein Hof in der Regel die Familie des Eigentümers bzw. Betreibers ernähren muss. Ist das Einkommen nicht so hoch, ist die Aufgabe des Betriebes vorprogrammiert, was ja auch bei Ihnen in Bermatingen vielfach geschehen ist.
Die Landwirtschaft bietet ein breites Spektrum von unterschiedlichen Produktionsweisen. Sie können sich die Produktionsweise heraussuchen, die für Sie akzeptabel ist. Wenn Sie Ökolebensmittel kaufen, bezahlen Sie bitte den erhöhten Preis, sonst haben diese Betriebe keine Zukunft. Wir haben in Deutschland das beste Tierschutzgesetz und haben alle EU-weiten Tierschutzstandards erfüllt.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Rief, MdB