Portrait von Josef Oster
Josef Oster
CDU
100 %
30 / 30 Fragen beantwortet
Frage von Thomas Z. •

Frage an Josef Oster von Thomas Z. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Oster,
Wie werden Sie bzgl der Änderung des Infektionsschutz Gesetzes Stimmen? So sehr auch eine Bundeseinheitliche Regelung zu Begrüßen ist, so halte ich es doch für äußerst Bedenklich das man bereits ab einer Inzidenz von 100 zu Ausgangssperren greift. Noch viel Bedenklicher jedoch finde ich das mit diesem Gesetz die Bundesregierung ohne jegliches Korrektiv schalten und walten kann.... Denn man muss sich nach dem Bisherigen Entwurf weder mit dem Parlament abstimmen noch mit den MP abstimmen.. Was ja bisher wenigstens ein Mindestkorrektiv war. Bitte Stimmen Sie gegen diesen unsäglichen Angriff auf unser Grundgesetz.. Grunrechtseinschränkungen müssen weiterhin von Parlament kontrolliert werden und nicht rein durch die Exekutive unkontrolliert veranlassbar sein... DANKE

Portrait von Josef Oster
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Zwack,

vielen Dank für Ihre Frage zum „Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Ich habe dem Gesetz gestern trotz einiger eigener Bedenken zugestimmt. Gerne möchte ich Ihnen sowohl den Grund für meine Zustimmung erklären, als auch meine Bedenken darlegen, die mich dazu veranlasst haben, eine schriftliche Erklärung nach Paragraph 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages abzugeben.

Dies ist keine alltägliche Vorgehensweise: Das Grundgesetz stattet die Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit dem sogenannten freien Mandat aus. Wir sind somit nicht an Aufträge und Weisungen gebunden. Allerdings unterliegen wir der Geschäftsordnung, die sich der Deutsche Bundestag laut Artikel 40 des Grundgesetzes gibt. Sie regelt unter anderem Redezeiten im Plenum und Verhaltensregeln der Abgeordneten. Und in dieser Geschäftsordnung eröffnet Paragraph 31 uns Mandatsträgern die Möglichkeit, eine schriftliche Erklärung zur Abstimmung abzugeben, die in das Plenarprotokoll aufgenommen wird. Diese Option habe ich wegen meiner Bedenken zu Ausgangsbeschränkungen gewählt.

Grundsätzlich halte ich bundeseinheitliche Reglungen von Maßnahmen gegen die weitere Verbreitung des Coronavirus für richtig, um die aktuelle dritte Welle der Pandemie zu brechen und Leben und Gesundheit vieler Menschen zu schützen. Auf diese Weise schaffen wir Rechtssicherheit und Klarheit für die Bürgerinnen und Bürger und stellen gleichzeitig die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems als überragend wichtigem Gemeingut sicher.
So haben wir bundeseinheitliche Standards für Schutzmaßnahmen in Landkreisen oder kreisfreien Städten ab einer 7-Tage-Inzidenz von über 100 pro 100.000 Einwohner geschaffen. Bei Überschreiten dieser sehr hohen Fallzahl treten Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in Kraft. Unterschreitet die Inzidenz an fünf Werktagen die 100er-Schwelle, treten diese Notmaßnahmen außer Kraft. Damit soll ein zu schnelles Ping-Pong mit unterschiedlichen Schutzmaßnahmen verhindert werden.

Konkret bedeutet das, das beispielsweise an Schulen ab einer Sieben-Tage-Inzident von 100 Wechselunterricht vorgeschrieben ist, ab einem Wert von 165 wird nur noch Distanzunterricht erlaubt. Des Weiteren wird eine Testpflicht für Schülerinnen und Schüler eingeführt, um die Sicherheit in Klassenzimmern für alle – Schülerinnen und Schüler und das Lehrpersonal – zu gewährleisten.

Die Homeoffice-Pflicht für Unternehmen wurde nun im Infektionsschutzgesetz verankert. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen den Beschäftigten die Möglichkeit zum Homeoffice anbieten, wenn dem keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten müssen dieses Angebot annehmen, "soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen". Die Vorgabe gilt unabhängig von der Sieben-Tage-Inzidenz. Wenn kein Homeoffice möglich ist, muss in den Betrieben getestet werden.

Für den Einzelhandel wurde festgelegt, dass zwischen einer Inzidenz von 100 und 150 der Besuch aller Einzelhandelsgeschäfte mit vorheriger Terminbuchung möglich ist. Voraussetzung für das Termin-Shopping ist unter anderem ein negativer Corona-Test.

Zur Entlastung von Kindern und ihren Familien in der Pandemie bleibt Kindersport für Kinder unter 14 Jahren auch bei einer Inzidenz über 100 erlaubt. Sie dürfen in Gruppen von höchstens fünf Kindern weiterhin gemeinsam Sport treiben.

Weiterhin legt das Gesetz fest, dass beispielsweise Zoos ihre Außenbereiche auch bei einer Inzidenz über 100 grundsätzlich öffnen können, wenn angemessene Schutz- und Hygienekonzepte eingehalten werden. Fußpflege wird analog zu Friseurbetrieben für Kundinnen und Kunden geöffnet bleiben und Beerdigungen dürfen mit bis zu 30 Trauergästen stattfinden.

Die mit der neuen Notbremse ergriffenen Maßnahmen gelten nur bis zum 30. Juni 2021. Damit werden die entsprechenden Grundrechtseingriffe sehr klar und deutlich befristet.

So sinnvoll und notwendig ich bundeseinheitliche Regelungen halte, so habe ich doch erhebliche Bedenken hinsichtlich der im Gesetz vorgesehenen Möglichkeit der Festlegung von allgemeinen Ausgangsbeschränkungen. Dies stellt einen erheblichen Eingriff in elementare Grundrechte dar, den ich für bedenklich halte und grundsätzlich ablehne. Daher habe ich mich dazu entschieden, meine Bedenken in einem Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Wolfgang Schäuble schriftlich darzulegen.

Die Gewährleistung möglichst weitreichender persönlicher Freiheiten verbunden mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung sind für mich politische Grundüberzeugungen, die mein politisches Handeln maßgeblich prägen. Jede Form von staatlichen Eingriffen in die individuelle Entscheidungsfreiheit, wo und wann ich mich im öffentlichen Raum bewege, lehne ich daher eigentlich ab. Meine Befürchtung ist zudem, dass mit Ausgangsbeschränkungen die Akzeptanz der staatlichen Maßnahmen gegen das Coronavirus in der Bevölkerung weiter sinkt.

Nach Abwägung aller Gesichtspunkte bin ich aber zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mehrzahl der im Gesetz vorgesehenen Regelungen notwendig und sinnvoll ist. Trotz erheblicher, auch verfassungsrechtlicher Bedenken habe ich daher dem Gesetzentwurf zugestimmt.

Ich hoffe, Ihnen meinen Standpunkt nachvollziehbar dargelegt und Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Oster

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Josef Oster
Josef Oster
CDU