Frage an Jonas Christopher Höpken von Oliver M. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Höpken,
wie ist die Position der Linken zur Tötung von noch nicht geborenen Kindern - und wie sieht Ihre persönliche Meinung dazu aus ?
Mit freundlichen Grüssen
Lieber Oliver,
wir beide kennen uns seit Jahren und duzen uns. Du brauchst mich, auch wenn Du mich über "kandidatenwatch" kontaktierst, nicht zum ersten Mal, seit wir uns kennen, zu siezen. "Kandidatenwatch" ist übrigens in erster Linie ein Angebot für Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis der Kandidatinnen und Kandidaten, die keine andere Möglichkeit haben, mit diesen in Kontakt zu treten. Da Du nicht in meinem Wahlkreis, sondern in der Nähe von Hildesheim wohnst, wir beide aber regelmäßig persönlich miteinander sprechen, brauchst Du diesen Umweg über "Kandidatenwatch" eigentlich gar nicht zu gehen, um mir eine Frage zu stellen. Gleichwohl beantworte ich Dir Deine Frage, über die wir uns ja schon öfter unterhalten haben, natürlich gerne noch einmal:
Was die ethische Wertung der Abtreibung angeht, gibt es bei der Linken, wie in jeder anderen Partei, natürlich unterschiedliche Auffassungen. Ich selbst möchte, wie Du weißt, ungeborenes menschliches Leben bewahren und würde, wenn ich als Erzeuger persönlich betroffen wäre, alles dafür tun und meine Verantwortung, die ich damit übernehmen würde, wahrnehmen.
Einig sind wir uns darin, dass das Strafrecht nicht der richtige Weg ist, ungeborenes menschliches Leben zu schützen. Gegen den Willen der Mutter ist dies nicht möglich und nicht wünschenswert. Auch die Mutter ist ja ein Individuum, deren Selbstbestimmungsrecht zu wahren ist. Wir als Linke sprechen uns daher für die Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch aus.
Entscheidend ist es, die sozialen Bedingungen für Mütter und Väter sowie die Betreuungsmöglichkeiten zu verbessern. Die Linke will eine stärkere Übernahme öffentlicher Verantwortung für Kinder und Familien. Sie benötigen soziale Sicherheit und Entwicklungsmöglichkeiten.
Das Konzept eines Elterngeldes birgt große Potentiale für eine moderne Familienpolitik. Wir wollen jedoch kein Elterngeld, das Alleinerziehende, Einkommensschwache, Eltern in Ausbildung und Erwerbslose benachteiligt und Migrantinnnen und Migranten mit vorübergehender Aufenthaltsgenehmigung ausschließt. Wir wollen den Ausbau des Elterngeldes nach skandinavischem Vorbild: Die Bezugsdauer soll auf 24 Monate erhöht werden, wobei jedes Elternteil einen individuellen, nicht übertragbaren Anspruch auf die Hälfte der Zeit hat. Dieser Anspruch soll mit der Geburt des Kindes beginnen und mit dessen siebtem Geburtstag enden. In diesem Zeitraum soll der Elterngeldanspruch in mehrere Abschnitte von mindestens zwei Monaten Länge aufgeteilt werden. Das Mindestelterngeld wollen wir auf 450 Euro anheben. Wichtig ist uns als Linker auch die Ermöglichung einer Teilzeitarbeit, bei der das Elterngeld Einkommensausfälle ausgleicht.
Die Bereitstellung von 80 Millionen Euro für Betreuungsplätze, die die Landesregierung verspricht, ist zweifellos ein Schritt nach vorne. Für ein wirklich flächendeckendes Betreuungsangebot reicht dieser Betrag allerdings nicht aus. Noch gehört Niedersachsen bei Krippen- und Hortplätzen zu den Schlusslichtern. Die Linke will jedem Kind ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen ganztägigen Betreuungsplatz gesetzlich zusichern. Dieser Anspruch soll unabhängig vom Status der Eltern bestehen. Wir werden durchsetzen, dass die Kindertagesstättenangebote, also Krippe, Kindergarten und Hort, für die Eltern kostenfrei angeboten werden. Dazu brauchen wir ein Investitionsprogramm des Landes zur Sicherung kostenloser Ganztagsbetreuungsangebote für alle Kinder vom ersten Lebensjahr an. Auch hier streben wir ein skandinavisches Niveau an.
Mit freundlichen Grüßen, auch an Deine Frau,
Jonas C. Höpken