Frage an John Eydner von Jochen M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Eydner,
welches Konzept verfolgen Sie zur Finanzierung der Berliner Hochschulen? Befürworten Sie die Einführung von Studiengebühren? Wenn ja, welche Voraussetzungen müssen ihrer Meinung nach geschaffen werden, um die Einführung von Studiengebühren sozial gerecht zu gestalten? Wenn nein, welche Alternativen zur Finanzierung der Hochschulen sehen Sie, um langfristig die Qualität in Lehre und Forschung zu erhalten bzw. zu verbessern? Mit Freundlichen Grüßen
Jochen Mayer
Sehr geehrter Herr Mayer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen, auf die ich gern antworten möchte. Zunächst vorweg: ich bin für die Einführung eines Studienentgelts. Allerdings nur unter drei besonderen Bedingungen:
- dass niemand aus finanziellen Gründen an einem Studium gehindert wird;
- dass die Gelder allein den Hochschulen und Studenten zugute kommen;
- dass die Gelder zusätzlich und nicht als Ersatz für den Bildungsetat
verwendet werden.
Ihre letzte Frage möchte ich gleich an den Anfang stellen: ob ich eine Alternative zu Studiengebühren zur langfristigen Erhaltung der Qualität in Lehre und Forschung sehe? Nein, ich sehe eine solche nicht. In Berlin wird dies angesichts unseres bodenlosen Haushaltslochs so deutlich wie sonst nirgendwo in Deutschland. Als jemand, der in den Genuss gekommen ist, "kostenlos" studieren zu können, kann und darf ich mir die Antwort auf ihre Frage nicht leicht machen. Ich bin aber der Überzeugung, dass ein Studienentgelt nicht lediglich eine bisher "kostenlose" zu einer kostenpflichtigen Leistung machen würde. Auch aus eigenen Erfahrungen denke ich, dass vielmehr dann, wenn die Hochschulen mit den daraus freiwerdenden Geldern eigenverantwortlich wirtschaften können, das Studienentgelt einen Mehrwert schaffen wird, der letztlich wieder den Studenten zugute kommt. Das fängt schon bei der Ausstattung der Bibliotheken an und geht bis hin zur Finanzierung wirtschaftlich interessanter Forschungsprojekte.
Die wichtigste Voraussetzungen eines Studienentgelts muss dabei allerdings sein, dass die Chancengleichheit aller Studierenden gewahrt bleibt. Die Möglichkeit, eine höhere Bildung zu genießen, darf auf keinen Fall von der finanziellen Situation etwa der Eltern oder vom sozialen Umfeld abhängen. Die beste Lösung bieten hier die vom Einkommen der Eltern unabhängigen, so genannten "nachlaufenden Studienentgelte". Im Gegensatz zu normalen (auch zinslosen) Krediten, die die Studenten mit einer Schuldenlast in die Arbeitswelt entlassen, setzt die Rückzahlung solcher nachlaufenden Studienentgelte erst dann ein, wenn die Studenten nach dem Studium tatsächlich ein Einkommen erzielen. Damit wird gewährleistet, dass jeder, unabhängig von seiner Herkunft, die gleichen Möglichkeiten und Chancen erhält.
Damit dies funktioniert, darf jedoch das Studienentgelt nicht von einer staatlichen Stelle zentral erhoben und zugeteilt werden. Voraussetzung ist vielmehr, dass die Hochschulen in eigener Verantwortung die Gelder erheben und ausgeben können. Nur dann ist sichergestellt, dass die Studenten mit ihrer Wahl der Hochschule dafür sorgen, dass die Hochschulen die Gelder auch wirklich dafür ausgeben, ihr Lehrangebot attraktiver zu gestalten. Schon allein deshalb gehört die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) abgeschafft.
Schließlich darf eine Erhebung von Studienentgelten aber auch nicht dazu führen, dass auf dieser Grundlage der staatliche Haushalt entlastet wird. Die Vorteile von Studienentgelten würden zunichte gemacht werden, wenn das Land Berlin im Gegenzug den Bildungsetat herunterfährt oder noch schlimmer: die Gelder zum Stopfen anderer Haushaltslöcher verwendet. Bildung ist und bleibt eine zentrale Aufgabe und ein wesentliches Interesse der Gemeinschaft. Studienentgelte dürfen deshalb nur dann erhoben werden, wenn sie den Hochschulen zusätzlich zugute kommen. Nur dann würde eine spürbare Verbesserung von Lehre und Forschung in Berlin eintreten.
Mit freundlichen Grüßen
John Eydner