Frage an Johannes Singhammer von Christian G. K. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Singhammer!
Laut eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1976 (Seite 25) hat der Staat die Entschädigung der Conterganopfer aus dem Privatrecht herausgenommen. Müsste der Bundestag nach dem Urteil nicht die Lebenswirklichkeit der Opfer prüfen um die Renten dem Stiftungszweck entsprechend anzupassen? Ist nicht auch eine Feststellung des eingetretenen Schadens am Beispiel Erwachsener notwendig? Wie steht es mit eventueller Benachteilgung der Opfer auf europäischer Ebene?
Bisher wurden Forderungen der Opfer, vorgertragen von deren Bundesverband besprochen. Eigentlich müsste man doch diese Forderungen als relativ betrachten, da es sich nicht um eine politische Entscheidung handelt, sondern um eine Ersatzentscheidung an Stelle eines Gerichtsverfahrens, oder die Anwendung analoger Gestze aus dem Privatrecht. Man müsste doch hier zum Bespiel mit den Opfern von Betriebsunfällen bei Erwerbsunfähigkeit vergleichen. Die ursprüngliche Versorgung der Conterganopfer war ja zunächst für Kinder ausgelegt und nicht für Erwachsene, die sie nun mal heute sind, zum Teil mit Ehepartner und Kindern.
Wenn ich das Gerichtsurteil des BVG`s richtig interpretiere, dann hätte man damals schon ein regelmäßiges Monitoring vorschreiben müssen. Das hätte die Stiftung übernehmen können in Form regelmäßiger Berichte über die momentane Lebenwirklichkeit der Betroffenen. Der Staat hat mit dem Stiftungsgesetz eine besondere Verantwortung auch deshalb übernommen, weil er weitere Klagen unmöglich machte. Der Grund dafür war ja, dass man einerseits der Firma die Weiterexistens ermöglichen wollte und man andererseits weitere Verzögerungen der Rentenauszahlung durch Prozesse verhindern wollte.
Nun gibt es in Großbritanbien weit aus höhere Entschädigungen für die dortigen Conterganopfer. Müsste man das nicht berücksichtigen im Sinne einer europäischen Harmonisierung und zur Vermeidung von Benachteiligung innerhhalb Europas?
Sehr geehrter Herr Knabe,
aufgrund Ihrer Anfrage zum Stand des parlamentarischen Verfahrens betreffend die Entschädigung von Opfern des Medikaments Contergan möchte ich Ihnen die folgenden Informationen zukommen lassen.
Der Gesetzentwurf zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes ist von den Fraktionen CDU/CSU und SPD in den Deutschen Bundestag eingebracht worden. Für den 4. Mai 2009 ist im Familienausschuss des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung zum Thema terminiert. Das Gesetz soll dann voraussichtlich zum 1. Juli 2009 in Kraft treten.
Im Rahmen des Gesetzentwurfs haben wir die Probleme der contergangeschädigten Menschen aufgegriffen und entsprechende Lösungen gefunden, die nach unserer Auffassung deutliche Verbesserungen für die Betroffenen beinhalten. Es wird nun die Möglichkeit eröffnet, dass wegen Fristversäumnis abgelehnte Anträge nochmals gestellt werden können. Bisher mussten Anträge bis zum 31. Dezember 1983 eingereicht worden sein. Zu einem späteren Zeitpunkt gestellte Anträge mussten wegen Fristversäumnis abgelehnt werden. Nun soll die Ausschlussfrist vom 1. Juli 2009 bis Ende 2010 geöffnet werden. Damit erhalten die Betroffenen die Möglichkeit, Leistungen nach dem Conterganstiftungsgesetz zu beantragen.
Ab diesem Jahr sollen die contergangeschädigten Menschen eine jährliche Sonderzahlung je nach Schweregrad ihrer Behinderung erhalten. Die von der Firma Grünenthal freiwillig gespendeten 50 Millionen Euro sowie 50 Millionen Euro aus dem Stiftungsvermögen der Conterganstiftung werden den Betroffenen über einen Zeitraum von 25 Jahren ausgezahlt. Die insgesamt zur Verfügung gestellten 100 Millionen Euro werden auf die bisher leistungsberechtigten und die bis Ende 2010 anerkannten contergangeschädigten Menschen aufgeteilt.
Zukünftig sollen die monatlichen Leistungen dynamisiert und somit an die Steigerung der gesetzlichen Renten automatisch angepasst werden. Um die Effizienz der Conterganstiftung zu erhöhen, wird unter anderem der Stiftungsrat in Zukunft verkleinert und aus höchstens 7 Mitgliedern bestehen. Davon sollen 2 Mitglieder aus dem Kreis der Betroffenen sein und durch eine Abstimmung gewählt werden.
Gegenwärtig erhalten rund 2.700 Betroffene in Deutschland Leistungen nach dem Contergan-Stiftungsgesetz. Wir hoffen, mit den genannten Änderungen eine Verbesserung für die Betroffenen erreichen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Singhammer MdB