Frage an Johannes Singhammer von Werner F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Singhammer,
Warum wird beim Thema Kaukasuskrise, immer nur Russland als "böser Bube" dargestellt - speziell von CSU Seite.
Der tatsächliche Auslöser war doch unzweifelhaft die Aggression Georgiens!
Freundlicher Gruß
Werner Franke
Sehr geehrter Herr Franke,
die Invasion Russlands in georgisches Kernland am Wochenende vom 09. bis 10. August 2008 und die Anerkennung der Unabhängigkeit beider Regionen durch den russischen Präsidenten bedeutet eine gravierende Verletzung des Völkerrechts und der territorialen Grenzen Georgiens. Eine Gleichsetzung des Einmarsches mit der Intervention von NATO-Truppen im Kosovo ist inakzeptabel, weil die Loslösung des Kosovo von Serbien eine Folge der Aufhebung des Autonomiestatus durch den damaligen serbischen Präsidenten Milosevic mit nachfolgender Unterdrückung und Völkermord war und internationale Verhandlungen über einen von den Vereinten Nationen vermittelten Status der Autonomie an Serbien und Russland scheiterte. Russland hat die Loslösung des Kosovo bis heute als völkerrechtswidrig abgelehnt, es kann deshalb seine Militäraktion in Georgien auch nicht als Parallele zu der Entwicklung im ehemaligen Jugoslawien und der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo durch westliche und EU-Staaten rechtfertigen.
Die wichtigste Voraussetzung einer Lösung der Konflikte im Kaukasus ist der vollständige Rückzug der russischen Truppen aus Georgien, so wie es das von der französischen EU-Ratspräsidentschaft vermittelte Waffenstillstandsabkommen verlangt. Die CDU/CSU-Fraktion unterstützt, dass die außerordentliche Tagung des Europäischen Rates vom 1. September beschlossen hat, die Verhandlungen über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland so lange auszusetzen bis sich die russischen Streitkräfte vollständig auf die Positionen vor dem 7. August 2008 zurückgezogen haben. Jetzt muss die Hilfe für Georgien, einschließlich der vorgeschlagenen OSZE-Beobachtermission auch in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetiens konkret werden. Die Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union muss alle verfügbaren Instrumente nutzen um die Beziehungen zu Georgien politisch und wirtschaftlich zu vertiefen und durch eine "östliche Partnerschaft" Vertrauensbildung, Stabilität und Zusammenarbeit in der Region zu fördern. Angesichts der engen Vernetzung muss gleichzeitig der politische Dialog der Europäischen Union mit Russland erhalten bleiben. Über die derzeitige Krise hinaus ist es notwendig, die gesamte Sicherheitsstruktur unter Einbeziehung der wechselseitigen Abhängigkeiten und Beziehungen zwischen Russland und Europa unter Einbindung der Vereinigten Staaten auf breiter Basis zu verhandeln.
Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt die klare Haltung des Europäischen Rates zum Recht eines jeden europäischen Staates, unter Achtung des Völkerrechts und der friedlichen Zusammenarbeit seine Bündnisse frei zu bestimmen. Dies gilt auch für den Wunsch Georgiens, Mitglied in der NATO zu werden und die noch engere Anbindung an die Europäische Union zu suchen. Georgien muss jedoch zugleich im eigenen Land die Voraussetzungen dafür schaffen, indem es die Standards von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erfüllt, die von einem NATO-Mitglied erwartet werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Singhammer