Frage an Johannes Heinrichs von Hauke S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Heinrichs,
mir ist nicht ganz klar, warum Sie z. T. erbittert gegen ein Grundeinkommen argumentieren (Artikel in der Humanwirtschaft).
Ich verstehe Ihre Argumente, aber nicht ganz die Mittel, mit denen Sie fechten und z. T. sind Ihre Argumente sachlich nicht ganz in Ordnung.
So „wittern“ Sie eine „Lüge“, wenn es darum geht, dass die Arbeit immer weniger wird. Warum so misstrauisch unterstellend, so unversöhnlich? Ihre Argumente treffen ja zu, aber gerade deswegen könnten Sie sachlicher bleiben.
Wenn es um die Verrichtung der unangenehmeneren, unattraktiven Arbeiten geht, so sieht Götz Werner ausdrücklich die Möglichkeit und wohl auch Notwendigkeit einer zusätzlichen Vergütung vor. Bezug von Grundeinkommen schließt ja weder automatisch von der Arbeit aus noch ist „in der schönen neuen Welt des Grundeinkommens“ alle Arbeit kreatives Grundbedürfnis, wie Sie etwas sarkastisch formulieren. Auch hier gibt es selbstverständlich Arbeit, die einfach „nur getan werden muss“, aber was ist dagegen einzuwenden, wenn diese nicht von 1-Euro-Jobbern erledigt wird, sondern vernünftig vergütet wird? Hier sind Sie nicht ganz sachlich und man kann den Eindruck gewinnen, dass Sie noch andere Gründe als die sachlichen haben, gegen die Idee des Grundeinkommens anzutreten.
Wichtig ist doch, dass die Menschen JETZT Angst um ihre Existenz, ihre Wohnung, ihr Auskommen haben, die Einführung eines neuen Geldsystems mit all seinen positiven Wirkungen wird jedoch (leider) noch eine ganze Weile dauern.
Meiner Meinung nach müssen sich Ihr Weg und die Einführung eines Grundeinkommens nicht im Wege stehen. Wahrscheinlich wird sich das Problem, dass sich die Menschen aufgrund fehlender Arbeitsplätze nicht mehr ihren Lebensunterhalt sichern können nach Einführung eines neuen Geldsystems weitgehend von selbst ergeben. Aber eben erst danach.
Sehr geehrte Frau Hauke,
ich kann nicht sehen, wo ich "erbittert", ja unsachlich geworden bin. Sie widersprechen sich, wenn Sie meine Argumente einmal unsachlich, dann wieder zutreffend nennen. Wenn sie mit Recht ein gewisses emotionales Engagement in meinem Text spüren, ist das noch keine Unsachlichkeit! Der alles relativierende, trendige Zeitgeist gefällt sich oft darin, gerade sachlich engagierte Argumentation als unsachlich abzustempeln.
Meine argumentativ fundierten Emotionen richten sich gegen die neoliberalen Täuschungsmanöver und das (illusorische) Nähren einer Schlaraffenlandmentalität, welcher der Arbeit der Vorfahren wie der Künftigen ihre Würde nimmt. Ich will mich nicht ausführlich wiederholen. Es ist ganz offensichtlich, dass es volkswirtschaftlich nicht zutrifft, dass die Arbeit ausginge, ob man das jetzt Lüge oder einfach Unfug und Volksverdummung nennen will. Brauchen Sie noch mehr Beispiele, als ich schon gebracht habe? Fragen Sie die gehetzten, überforderten Arbeitsplatzbesitzer in allen Bereichen! Richtig ist, dass die Bezahlbarkeit nicht mehr gewährleistet ist, nicht dass die Arbeit knapp geworden ist. Ein Riesenunterschied! Und dies ist eine Frage des (globalen) Wirtschafts- und Geldsystems.
Unter Voraussetzung eines anderen, dem Menschen dienenden Geld- und Wirtschaftssystems wird in der Tat die Arbeit das bisher allzu oft Unwürdige genommen, durch Kürzung der Arbeitszeit und Herausstellung ihres ganzheitlichen Sinnes. Mag sein, dass wir in der Zielsetzung letztlich nicht so weit auseinanderliegen. Doch der Teilhabe in Form von Arbeit, als Dienstleistung und Gebrauchtwerden, möglichst aller am Gemeinwesen ihre Würde zu nehmen und sie auf rein materiellen Zuverdienst für Ehrgeizige und Anspruchsvolle zu reduzieren , scheint mir - daran halte ich fest - kein geeigneter Weg dahin. Ich halte mich selbstverständlich für neue Argumente in dieser sicher noch nicht abgeschlossenen Debatte offen, wie ich es auch Ihnen wünsche.
Mit freundlichen Empfehlungen!
Ihr
Johannes Heinrichs