Frage an Johannes Frackowiak von Dieter K. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr
im Gentechnikgesetz der Bundesregierung wird die Imkerrei nicht berücksichtigt! Wie haben Sie vor dieses zu ändern?
Als Imker bin ich direkt vom Anbau dieser GVO-Pflanzen betroffen. Wer die Vorschriften der EU zur Koexistenz für streng hält und behauptet, diese würden garantieren, dass kein Nachbarfeld beeinträchtigt werden könnte, der irrt gewaltig. Tatsache ist, dass die EU den Mitgliedsstaaten zwar vorschreibt, Koexistenzmaßnahmen zu erlassen, aber keine Vorgaben macht, wie dies zu geschehen hat.
Von der EU in Auftrag gegebene Computermodelle zeigen, dass selbst beim Mais, der bei uns keine artverwandten Wildpflanzen hat, ab einem Marktanteil von ca. 30% Gen-Mais keine gentechnikfreie Produktion mehr möglich ist. Erhebungen in Bayern haben gezeigt, dass ein Anbau von Genmais auf weniger als 5% der Maisanbaufläche ausreichen würde, um die Produktion von gentechnikfreiem Honig unmöglich zu machen. Trotzdem gibt es in Deutschland keinerlei Schutzmaßnahmen für die Imkerei.
Eine Tatsache, die sogar der Bundesrat in einer Entschließung vom 30.11.2007 bemängelt hat.
Von strengen EU-Regeln, die eine Beeinträchtigung von Dritten garantiert ausschließen, kann also keine Rede sein, zumal Pflanzen wie MON-810 keine umfassende Lebensmittelzulassung haben. Und somit ist Honig, der durch diesen Anbau kontaminiert wird, nach geltendem EU-Recht ab der Nachweisgrenze nicht mehr verkehrsfähig.Dies hat bereits dazu geführt, dass kontaminierter Honig in der Müllverbrennungsanlage teuer entsorgt werden musste. Damit verlieren nicht nur die Imker ihre Existenzgrundlage, sondern Natur und Landwirtschaft müssen auf die Bestäubungsleistung der Bienen verzichten, wenn die Imker durch Gentechnikanbau in die Flucht geschlagen werden.
Als Imker, der sich durch den Anbau von Gentechnik in seiner beruflichen Existenz bedroht sieht, kann ich nicht erkennen, dass hier für eine friedliche Koexistenz gesorgt ist.
Mit freundlichen Grüßen
D. Kremerskothen
Sehr geehrter Herr Kremerskothen,
Die Bienen und Bienenprodukte der Imker sind in besonderer Weise von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) betroffen. Es ist nur zu verständlich, wenn aus diesem, aus meiner Sicht guten Grund eine Mehrheit der deutschen Imker die Grüne Gentechnik ablehnt. Die von der Bundesregierung bisher erlassenen und vorgesehenen Regelungen zum Gentechnikrecht reichen nicht aus, um die Probleme der Imker zu lösen. Mit der gesetzlich vorgesehenen Abstandsregelung ist die Kontamination durch Pollen und Bienenflug nicht berücksichtigt und auch nicht vermeidbar. Dies widerspricht der gesetzlich garantierten Wahlfreiheit. Unsere Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen Honig als einzigartiges gesundes Lebensmittel. Von diesem Produkt erwarteten wir ebenso wie die Verbraucher, dass es frei von gentechnisch veränderten Bestandteilen und frei von sonstigen Belastungen ist. Eine übergroße Mehrheit der Bevölkerung lehnt genmanipulierte Lebensmittel ab.
Grundsätzlich muss vor Anwendung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Praxis gesichert sein, dass für die Bienenvölker der Imker und den Menschen als Konsumenten der Bienenprodukte keine gesundheitlichen Risiken bestehen und den Imkern kein wirtschaftlicher Schaden entsteht.
Ihre berechtigten Forderungen nach:
1. Schaffung der Voraussetzungen zur Gewinnung eines naturbelassenen und völlig rückstandsfreien Honigs (da das Filtrieren des Honigs das Kontaminationsproblem nicht löst, die Verbraucher aber einen naturbelassenen Honig verlangen ist diesem Punkt das besondere Augenmerk zu schenken),
2. Durchführung von weiteren Forschungen und Untersuchungen vor der Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen in die Natur,
3. Schaffung von für die Imkerei notwendigen Rahmenbedingungen in Gesetzesänderungsverfahren , die es erlauben, auch künftig mit akzeptablem Aufwand vermarktungsfähigen Honig und andere Bienenprodukte zu produzieren,
4. Nachbesserungen insbesondere auf dem Gebiet der Bienengesundheit, bei Forschungsfreisetzungen, bei der Übernahme von Untersuchungskosten und bei Haftungs- und Schadenersatzansprüchen,
sprechen uns aus dem Herzen und finden meine volle Unterstützung.
Die Honigbiene und damit die Imkerinnen und Imker leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Erhalt der Natur. 80 % der Blütenpflanzen sind auf Bestäubung durch die Honigbiene angewiesen. Diesen Beitrag gilt es wesentlich stärker als bisher auch öffentlich zu würdigen.
Es ist aber auch das Augenmerk darauf zu richten, dass die erfolgreich angewendete gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft nicht dazu führt, dass in weiten Gebieten Deutschlands die Bienenhaltung bzw. die Wanderimkerei nicht mehr möglich ist. Die Folge wäre eine unzureichende Bestäubung bei Kultur- und Wildpflanzen. Das Filtrieren des Honigs löst das Kontaminationsproblem nicht. Die Verbraucher verlangen einen naturbelassenen Honig.
Mit Verhängung der Schutzklausel durch das BVL gegenüber dem Saatguthersteller Monsanto wurde das Ruhen der Genehmigung von MON810 angeordnet. Damit ist jeder Anbau und jeder weitere Verkauf von Saatgut von Mais der Linie MON810 unzulässig.
Um im Gentechnikgesetz der Bundesregierung die Imkerei entsprechend zu berücksichtigen, was aus meiner Sicht als notwendig anzusehen ist, ist es allerdings erforderlich, über die notwendigen Mehrheiten zu verfügen, da für ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren die Stimme eines einzelnen nicht ausreicht. Ich würde meine Aufgabe darin sehen, mich fraktionsübergreifend um die Findung einer solchen Mehrheit zu bemühen.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Frackowiak