Frage an Johanna Voß von Gustav D. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Voß,
ich wüßte gerne , wie Sie persönlich zu den sogenannten "Tafeln" stehen, wo sich angeblich sozial schwache Menschen Lebensmittel abholen können. Ich bin zwar Altersrentner und mein Einkommen entspricht den Harz-4-Niveau, aber ich lehne diese Tafeln aus grundsätzlicher Erwägung deswegen ab, weil damit der Staat, d.h. unser aller Staat sich aus seiner Verantwortung zurückziehen kann. Gib mal ein Bundesverdienstkreuz an die Initiatoren und schon hat der Staat vor der "Unterschicht" keine revolutionäre Stimmung mehr zu befürchten. Dass die Überproduktion von Lebensmitteln an sich problematisch ist, lasse ich hier mal unberücksichtigt. Also, Frau Voß - wie ist nun ihre private Meinung dazu (das muß ja nicht unbedingt mit der Partei übereinstimmen)
Sehr geehrter Herr Diesterhöft,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich teile Ihre Bedenken- und da stimmt meine private Meinung mit der Position der Partei durchaus überein. Der Sozialstaat ist in der Pflicht, den Menschen eine bedarfsdeckende Mindestsicherung zur Verfügung zu stellen. Karitative Einrichtungen können darüber hinaus natürlich die Versorgung verbessern. Sie dürfen sie aber niemals ersetzen. Spätestens mit Einführung der Hartz IV-Gesetze kommt der Staat seiner Aufgabe der Mindestsicherung allerdings nicht mehr nach. Nicht zufällig startet die Verbreitung der Tafeln mit Inkrafttreten dieses Gesetzes.
Die Tafeln sind das Symptom einer völlig unzureichenden Sozialpolitik. Nicht sie gilt es zu kritisieren, sondern die Politik der letzten Bundesregierungen, ob nun Rot-Grün, Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb, die sich mehr und mehr auf die Übernahme staatlicher Pflichten durch karitative Organisationen verlässt. Das ist nicht hinnehmbar. Wir fordern daher die Abschaffung von Hartz IV und die Einführung einer bedarfsgerechten und sanktionsfreien Mindestsicherung. Parallel fordern wir die Einführung einer armutsfesten Altersversorgung mit einer Mindestrente von 900 Euro. Auch Selbständige, Beamte und PolitikerInnen sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Die Beitragsbemessungsgrenze wollen wir aufheben und die hohen Rentenansprüche abflachen. Der Solidarausgleich soll erweitert werden, damit Phasen der Erwerbslosigkeit, Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder niedrigen Löhnen nicht in die Altersarmut führen.
Das sind nur erste Schritte, um dem Staat wieder die Verantwortung zuzuführen, die er laut Grundgesetz hat. Sie würden eine Vielzahl der durch die Sozialkürzungspolitik entstandenen karitativen Angebote überflüssig machen. Die karitativen Organisationen können sich dann wieder um weitergehende Bedürfnisse der Menschen kümmern. Die Grundversorgung darf und kann nicht Aufgabe von karitativen Organisationen sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Johanna Voß