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Jörn Wunderlich
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Frage von Bettina W. •

Frage an Jörn Wunderlich von Bettina W. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Wunderlich,

als Fachanwältin für Familienrecht halte ich auch bei örtlichen Organisationen Vorträge zur Unterhaltsrechtsreform.

Nachdem in der letzten Woche die Entscheidung des BVerfG bekannt wurde, wonach § 1615l BGB hinsichtlich der Dauer des geschuldeten (Betreuungs-)Unterhalts für Mutter nichtehelich geborener Kinder und der Ungleichbehandlung von ehelich und nichtehelich geborenen Kindern als verfassungswidrig erklärt wurde, bitte ich um Mitteilung, ob und wann nunmehr mit der Unterhaltsrechtsreform zu rechnen ist.

Ist der 1.7.2007 noch zu halten?

Nach meiner Wahrnehmung stehen bis dato weder die neuen Tabellen zum Kindesunterhalt fest noch die Rangfolgen.

Ich habe folgende weitere konkrete Fragen:

1. Wie ist der Streitstand in den Fraktionen zur Frage der Erwerbsobliegenheit ab dem 3. Geburtstag des jüngsten Kindes auch bei ehelich geborenen Kindern nach der Entscheidung des BVerfG?

2. Wo kann ich eine verbindliche Quelle finden, auf die ich die Zuhörer bei Vorträgen verweisen kann? Die Homepage des Bundesjustizministerium spiegelt nicht den aktuellen Stand wider.

3. Wie verhält es sich mit dem Aspekt, dass auch getrenntlebende und geschiedene Mütter ab dem 3. Geburtstag des jüngsten Kindes ab dem 1.7.07 eine Erwerbsobliegenheit haben sollen, soweit eine Betreuungsmöglichkeit für das Kind während der Arbeitszeit der Mutter besteht.

Für Ihre Rückanwort danke ich vorab,

mit freundlichem Gruß

B e t t i n a W o h l

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Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Wohl,

wie wir bereits anfänglich konstatierten und kürzlich auch das BVerfG feststellte, sind weder die Rangfolgenregelung noch die Voraussetzungen des Betreuungsunterhalts für die Betreuung nichtehelicher bzw. ehelicher Kinder im vorgelegten Gesetzentwurf und der zu Ihrer Kenntnis angehängten Formulierungshilfe (mit dem letzten aktuellen, mittlerweile aber überholten Stand des Koalitionskompromisses) mit der Verfassung in Einklang zu bringen.

Deshalb wurde das Unterhaltsrecht (BT-Drs.16/1830) in der letzten Rechtsausschusssitzung von der Tagesordnung abgesetzt; eine zunächst angesetzte Sondersitzung fiel aus. Im derzeitigen Entwurf der Tagesordnung für die nächste Rechtsausschusssitzung ist der Gesetzentwurf nicht enthalten, allerdings kann die Koalition dies noch nachholen. Daher wäre eine Verabschiedung bei Fristverzicht aller Fraktionen in der nächsten Sitzungswoche durchaus machbar. In der Formulierungshilfe für die letzte Sitzung am 23.05.07 war noch der 1.7.2007 als Inkrafttretensregelung vorgesehen. Ich gehe davon aus, dass die Koalition alle Hebel in Bewegung setzen wird, um das Gesetz so schnell wie möglich zu verabschieden, kann allerdings nicht beurteilen, wie schnell sie sich einigen wird.

Wie der Streitstand in den anderen Fraktionen zu der Erwerbsobliegenheit ab dem 3.Geburtstag auch bei ehelichen Kindern ist, entzieht sich aktuell meiner Kenntnis. Es gibt ja zwei Möglichkeiten der Reaktion auf die Entscheidung des BVerfG - ich gehe allerdings davon aus, dass sich die Regelung, wie in der Formulierungshilfe bereits angedeutet, eher in Richtung der grundsätzlichen Erwerbsobliegenheit ab dem 3.Geburtstag für alle betreuenden Elternteile bewegen wird. Diese Position vertritt auch meine Fraktion, sofern dabei der Einzelfall und damit u. a. auch die konkret vorhandenen Kinderbetreuungsmöglichkeiten in die Betrachtung einbezogen werden.

Eine verbindliche Quelle kann ich Ihnen leider nicht angeben. Allerdings lohnt es sich, die aktuellen Ausschussdrucksachen des Rechtsausschusses über das Internetangebot des Deutschen Bundestages einzusehen, da dort zum frühesten Zeitpunkt die neue Fassung des Koalitionskompromisses (Formulierungshilfe des BMJ) zu finden sein wird.

Wenn ich Ihre dritte Frage richtig als eine nach der Voraussetzung des Betreuungsunterhalts für die Betreuung nichtehelicher und ehelicher Kinder nach dem 3.Geburtstag in Abhängigkeit von Betreuungsmöglichkeiten verstehe: Diese Frage wurde kontrovers im Rahmen der Anhörung thematisiert. Es ist aufgrund der in den alten Bundesländern zum Großteil sehr schlechten Versorgungslage mit Kinderbetreuungsangeboten festgehalten worden, dass es nicht auf das generelle Angebot, sondern das konkrete im Einzelfall ankommen muss. Ich gehe davon aus, dass die Koalition eine Formulierung wählen wird, die diesem Umstand ebenso wie den anderen einzelfallbezogenen Belangen Rechnung trägt. Dies wurde zumindest in der nun nicht mehr aktuellen Formulierungshilfe versucht.

Ich hoffe Ihnen mit dieser kurzen Antwort geholfen zu haben, wenngleich mir der konkrete Sachstand der Diskussionen in der Koalition naturgemäß nicht bekannt ist. Das BMJ gab in einer kurzen Einschätzung der Auswirkungen des Beschlusses des BVerfG seiner Auffassung Ausdruck, dass eine Gleichstellung in den Voraussetzungen des Betreuungsunterhalts nach §§ 1570, 1615l BGB als auch in der Rangfolge angezeigt sei.

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Wunderlich