Frage an Jörg Vogelsänger von André R. bezüglich Wirtschaft
Guten Abend,
mich beschäftigt die Frage der öffentlichen Ausschreibung:
Oftmals ist es heutzutage so, dass die Vergabe nach Ausschreibung an den billigsten erfolgt (meist verpflichtend)
Dieser jedoch entweder minderwertige Arbeit abliefert, mit vielen Nachträgen arbeitet oder Pleite geht.
Daraus folgend entstehen dem Land und Gemeinden hohe Nachträge.
Warum wird nicht wie in Frankreich verfahren?
Das billigste und das teuerste Angebot fliegen aus dem Verfahren und die mitteleren Angebote liefern sich ein fairen Wettbewerb.
Damit sind Lohndumping und meist überteuerte Nachträge von vornherein minimiert.
Die sachliche und fachliche Überprüfung von Angeboten scheint ja nicht unbedingt in den Behörden zu funktionieren, scheinbar zählt nur der Preis.
Wie stehen Sie zu den Ausreibungsverfahren der öffentlichen Hand?
Mit freundlichen Grüssen
André Rotte
Sehr geehrter Herr Rotte,
Das deutsche Vergabewesen basiert in den wesentlichen Zügen, die Sie ansprechen, auf dem Richtlinienrecht der EU, für deren Umsetzung in deutsches Recht der Bund zuständig ist.
Grundsätzlich ist es auf dieser Grundlage zulässig, den Preis zum alleinigen Zuschlagskriterium zu machen oder daneben ein weiteres Kriterium zuzulassen. In beiden Fällen geht auch der EU-Richtliniengeber davon aus, dass damit die Forderung nach einer wirtschaftlichen Vergabe erfüllt werden kann.
Wenn auch der Preis weiter als Zuschlagskriterium eine wesentliche Bedeutung hat, so sorgen doch Aspekte wie Energieeffizienz und Zahlung eines Mindestlohns, die immer oder unter bestimmten Voraussetzungen in der Prüfung und Wertung der Angebote zu berücksichtigen sind, dafür, dass der Einfluss des Kriteriums Preis auf das Ergebnis relativiert wird.
Bei der Prüfung und Wertung der Preise unterliegen die öffentlichen Auftraggeber Restriktionen, die auf die Kalkulationsfreiheit der möglichen Auftragnehmer zurückzuführen sind.
Um dem auch von Ihnen gewählten Ansatz eines qualitativ hochwertigen und damit nachhaltigen Bauens zu stärken, gehen wir in Brandenburg schon seit langer Zeit mit stetig steigender Tendenz neue Wege in der Beschaffung und auch in der Bautechnik. Über Pilotprojekte wird untersucht, wie durch besondere technische Rahmenvorgaben einerseits und durch andere Verfahrensarten bei der Vergabe unter Beachtung einer langfristigen Kostenbetrachtung andererseits die Marktteilnehmer im Eigeninteresse zu einem qualitativ hochwertigen Endprodukt veranlasst werden können.
Diesen nicht immer einfachen Weg werden wir konsequent weiter verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Vogelsänger