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Frage von Norbert B. •

Frage an Jörg Rohde von Norbert B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Rohde,

in dem vom Bundestag (ggf. auch von Ihnen) verabschiedeten GKV-Wettbewerbstärkungsgesetz sehen die Bestimmungen vor, dass das Einkommen 3 zurückliegende Jahre betrachtet wird um zu entscheiden, ob ich Pflicht oder Freiwillig versichert bin.

Ich bin schon seit mindestens 15 Jahren freiwillig in der GKV versichert um so erstaunter war ich als ich erfuhr dass ich ab 1.4.2007 wieder rückwirkend Pflichtversichert bin.

Auf Nachfragen wurde mir dann erklärt, da ich erst seit 1.5.2005 als Angestellter beschäftigt bin (vorher Selbstständig aber freiwillig GKV versichert) sei die Beitragsbemessungsgrenze für 2005 nicht überschritten worden und ich bin daher nach der 3 Jahresregel wieder Pflichtversichert.

Ganz verstehen ich dies nicht. Sie haben mit diesem Gesetz die Gesetzeslage für 2005 nachträglich geändert. Nach tieferen Nachforschungen habe ich auch noch gelesen, dass freiwillig Versicherte, die zufällig bis zum 2.2.2007 gekündigt und in die
Privatversicherung gewechselt haben ein Bestandsschutz haben und nicht mehr zurück in die GKV müssen.

Wieso gilt dieser Stichtag nicht auch für freiwillig Versicherte?. Wenn ich also am 2.2.2007 den Status freiwillig Versichert habe bleibe ich das auch, schließlich war ich dies ja schon Jahre lang.

Ich fühle mich da ungerecht behandelt und schon etwas für dumm verkauft, da ich jetzt nach ca. 15 Jahren wieder zwangsversichert bin und weiterhin in die relativ teure GKV einzahlen muß und nicht zur Privatversicherung mit kleinerem Beitrag und besseren Leistungen wechseln kann wie ich es jetzt vor hatte.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Birk

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Birk,

alle Abgeordneten der FDP, also auch ich, haben bei der Abstimmung über die Gesundheitsreform mit Nein gestimmt. Das hat seine guten Gründe. Mit dieser Reform wird der Weg in ein zentralistisches System angetreten. Die Kombination von staatlicher Beitragsfestsetzung in Kombination mit einem nicht funktionsfähigen Minizusatzbeitrag, mit einem Gesundheitsfonds, aus dem den Krankenkassen Geld zugeteilt wird, einem Krankenkassendachverband, zentralisierten, durch diesen Dachverband zu regelnden Vergütungsvereinbarungen, einem stärker dem Einfluss des Ministeriums ausgesetzten Gemeinsamen Bundesausschuss sowie der schrittweisen Abschaffung der PKV führt in die Staatsmedizin. Wahlfreiheit und Wettbewerb, Therapiefreiheit und Freiberuflichkeit bleiben dabei unweigerlich auf der Strecke. Stattdessen führt der Weg in Bevormundung, Rationierung und Zuteilung.

Die Stichtagsregelung für Privatversicherte und freiwillig Versicherte erläutert Ihnen in diesem Zusammenhang sicherlich gerne die Erlanger Bundestagsabgeordnete Renate Schmidt (SPD), die der Gesundheitsreform zugestimmt hat.

Der Entwurf des GKV-WSG wird den Zielen, die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) längerfristig auf tragfähige Fundamente zu stellen, die Lohnzusatzkosten zu senken und den Wettbewerb zu stärken, nicht gerecht. Weder wird in irgendeiner Form Vorsorge dafür getroffen, dass die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben aufgrund des zunehmenden Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung immer weiter auseinander geht. Noch wird die konjunkturanfällige und den Arbeitsmarkt belastende Anbindung der Beiträge an die Löhne und Gehälter beseitigt. Auch sinken die Beitragssätze nicht, sondern sie steigen kontinuierlich an.

Die Beitragsautonomie der gesetzlichen Krankenkassen wird aufgehoben und durch eine Beitragsfestsetzung durch die Bundesregierung per Rechtsverordnung ersetzt. Der Gesundheitsfonds entkoppelt die Beziehung zwischen den Beiträgen und den Leistungen der einzelnen Krankenkasse komplett und vollständig. Der kassenindividuelle Zusatzbeitrag ist so konstruiert, dass er zum Scheitern verurteilt ist.

Die private Krankenversicherung wird auf subtile Weise schleichend abgeschafft, obwohl dieses Versicherungsmodell wesentlich besser als das umlagefinanzierte GKV-Modell geeignet ist die Folgen der demografischen Entwicklung zu bewältigen und Generationengerechtigkeit herzustellen. Über verfassungsrechtliche Bedenken setzt man sich hinweg.

Das GKV-WSG stellt die Weichen in Richtung eines gesetzlich dominierten Einheitssystems, das den Anspruch einer „rundum Sorglosabsicherung“ erweckt, der im Hinblick auf die zukünftigen Entwicklungen nicht zu halten ist. Die Intention, die heute schon absehbaren Ausgabensteigerungen über eine erhöhte Zufuhr von Steuermitteln finanzieren zu wollen, ist der untaugliche Versuch, sich um die eigentlich notwendigen Strukturveränderungen zu drücken.

Mit diesem Gesetzesvorhaben wird die heutige Organisation der Krankenversicherung und der Gesundheitsversorgung in Gefahr gebracht, ohne dass man die anstehenden Probleme löst. Es erfolgt:

- keine Entlastung weder der Lohnzusatzkosten noch der Versicherten; stattdessen steigen die Beiträge,
- keine Entkoppelung von Gesundheitsausgaben und Arbeitskosten; der Arbeitgeberbeitrag wird nicht festgeschrieben,
- keine Entbürokratisierung; stattdessen kommt mit dem so genannten Fonds ein weiteres bürokratisches Instrument hinzu,
- keine Vorsorge für die demografische Entwicklung; es bleibt bei Umlagefinanzierung zu Lasten der jungen Generation,
- keine Transparenz; weder bei den Beiträgen noch bei den Abrechnungen, bei denen am Sachleistungsprinzip festgehalten wird,
- keine Freiheit für die Versicherten, ihren Versicherungsschutz weit­gehend selbst zu gestalten,
- keine Konzentration der über Zwangsbeiträge finanzierten Leistungen auf das medizinisch unbedingt Notwendige,
- keine Nachhaltigkeit.

Das ursprüngliche Finanztableau des Gesetzentwurfes, das nach Aussagen der GKV schon zu optimistisch ausgefallen war, trägt nach den im Laufe des Verfahrens vorgenommenen Änderungen überhaupt nicht mehr. Insgesamt betragen die Mehrausgaben damit nicht wie ursprünglich angenommen in 2007 ca. 0,2 bis 0,3 Mrd. Euro, in 2008 ca. 0,4 Mrd. Euro und in 2009 ca. 0,5 Mrd. Euro, sondern mindestens 1,2 bis 1,5 Mrd. Euro. Das führt zu weiter steigenden Beitragssätzen und damit einem Anstieg der Lohnzusatzkosten.

Dieser unverantwortlichen Politik setzt die FDP ein unbürokratisches, transparentes und leistungsfähiges Modell entgegen. Wir fordern den privaten Krankenversicherungsschutz mit sozialer Absicherung für alle. Alle Krankenkassen sollen zu privaten Krankenversicherungen werden, die im Wettbewerb um die beste Versorgung, die günstigsten Verwaltungskosten und die innovativsten Tarife konkurrieren. Jede Krankenversicherung muss einen Pauschaltarif anbieten. Der sichert Regelleistungen ab und darf weder nach Geschlecht, Alter oder Krankheitsrisiko differenzieren.

Ein neues System grundsätzlich privater Krankenversicherungen steht darüber hinaus für Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. Es baut Altersrückstellungen auf, mit denen auch die zukünftig steigenden Kosten gedeckt werden können.

Außerdem fordern wir, dass die Arbeitgeberbeiträge zur Gesundheitsversorgung dauerhaft von den Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung entkoppelt werden. Das macht Arbeit in Deutschland nämlich wieder konkurrenzfähig und die Finanzierung des Gesundheitswesens von Konjunkturschwankungen unabhängig.

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne auch in meinem Erlanger Bürgerbüro zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruss

Jörg Rohde