Frage an Jörg Rohde von Rene L. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr Rohde,
auf der Bundestagshomepage habe ich den Hinweis auf die diesjährige Sommerreise Ihres Ausschusses nach Südamerika gelesen. Natürlich gilt die alte Weisheit: Reisen bildet. Insbesondere fremde Kulturen und Lebensweisen, wie sie ohne Zweifel in den drei Ländern anzutreffen sind, sind immer eine Reise wert.
Dabei bin ich jedoch etwas über die Reisezeit und das Ihrer Reise zugrunde liegende Programm gestolpert. Mitten in der Urlaubszeit ein beliebtes Urlaubsziel anzusteuern ist die eine Sache und muss nichts bedeuten. Allerdings ist das Programm Ihrer Reise mit immerhin sieben Bundestagsabgeordneten sehr unspezifisch gehalten: Treffen mit Ministern, Abgeordneten Gewerkschaften und Sozialversicherungsträgern. Verwundert war ich jedoch über ein Treffen mit Vertretern der deutschen politischen Stiftungen, die allesamt ein Büro in Berlin oder Umgebung haben. Auch das Treffen mit der deutschen Außenhandelskammer wäre sicher auch in Berlin möglich gewesen.
Mich würde daher interessieren, welchem Zwecke eine Reise in einer derart hohen Besetzung - sieben Abgeordnete - mit allerlei Gesprächen dienen soll. Wenn ich mir hier die Ausführungen des Herrn Bundestagspräsidenten (Drs. 15/5056, S. 52) anschaue, wirft sich doch die Frage auf, ob die hohen Ausgaben im Zusammenhang mit Ihrer Reise so gerechtfertigt sind. Ihr Ausschuss ist zumindest seiner Eigenbeschreibung eigentlich für die Sozialgesetzgebung in der Bundesrepublik zuständig und weniger für die in drei südamerikanischen Ländern.
Es wäre daher interessant zu erfahren, welchen Erkenntnisgewinn diese sommerliche Reise für die Arbeit des Bundestages gebracht hat und ob hierfür sieben Abgeordnete (wohl zzgl. Begleitung durch Mitarbeiter des Deutschen Bundestages und der deutschen Vertretungen vor Ort) notwendig waren. Auch würde mich interessieren, wie hoch hierfür die Vollkosten (also neben den reinen Reisekosten auch die Personal- und Sachkosten, Reisespesen) waren.
Mit freundlichen Grüßen
Rene Lima
Sehr geehrter Herr Lima,
vielen Dank für Ihr Interesse an meiner Arbeit.
Aufgrund der verschiedenen Fragestellungen habe ich meine Antworten gegliedert:
Reise zur Urlaubszeit
Da zu dieser Zeit Anfang August auch viele unserer Bundesbürger im Urlaub und oft also nicht in Deutschland sind, ist es auch sinnvoll das die Bundestagsabgeordneten in dieser Zeit in mehr oder weniger entfernte Länder reisen. Während der "Nichthauptferienzeit" sind wir dann als Abgeordnete jeweils in Berlin oder im Wahlkreis auch persönlich ansprechbar.
Reiseziel Südamerika
Die Politiker halten zu den meisten Ländern und deren Vertretern freundschaftliche Kontakte. Einige Jahre nach der tiefen wirtschaftlichen Krise in Südamerika hat sich unser Bundestagsausschuß für Arbeit & Soziales vor Ort über die Entwicklungen informiert. Während übrigens in Deutschland zu dieser Zeit schönes Wetter war, haben wir im kalten Winter auf der Südhalbkugel bei unter 10 Grad in Buenos Aires fast gefroren...
Gesprächstermine
Eine so geballte und facettenreiche Information erhält man nur vor Ort. Sicher wäre der eine oder andere Gesprächspartner möglicherweise auch einmal nach Deutschland gekommen, aber gerade bei den Sozialverbänden wäre dies wohl eher die Ausnahme gewesen. Wenn Sie aber z.B. vormittags in einem Land den Gewerkschaftern und nachmittags den Arbeitgebern dieselbe Frage stellen, können Sie aus den Antworten ihr eigenes Bild der Situation besser bilden. Zu den Stiftungsvertretern: Diese sind nicht nur wenige Tage, sondern meist schon Jahre vor Ort und beobachten die politische Lage genau und halten Kontakt zu lokalen "Gleichgesinnten". Von den korrespondierenden Stiftung (in meinem Fall der Friedrich-Naumann-Stiftung) können die Abgeordneten in einem Gespräch das Bild der Situation für sich selbst abrunden. Ich kann nur sagen: Ohne die Gespräche mit den Stiftungs- vertretern wären mir viele Detailinformationen entgangen. Ebenso gilt dies für die Außenhandelskammern: Die dort vertretenen Firmenvertreter haben uns z.B. auf gewisse Rechtsunsicherheiten aufmerksam gemacht.
Reisegruppe
Die reisenden Abgeordneten sollen möglichst auch unser Parlament repräsentieren. Daher reisen für unseren Ausschuß meist ein Delegations- leiter (Union und SPD im Wechsel, diesmal SPD), 2 x Union, 2 x SPD, 1 x FDP, 1 x Grün und 1 x Linkspartei. Bei dieser Reise haben die Grünen nicht teilgenommen. Schade! Wir haben aber vor Ort gehört, das es eine explizite Reisegruppe der Grünen nach Brasilien bereits gab. Der Vertreter des Sekreteriats hat übrigens unsere Gesprächsinhalte mitgeschrieben und schreibt den Bericht für den Bundestagspräsidenten.
Sozialgesetzgebung
Wir haben gerade vor dem Hintergrund der in Deutschland laufenden Diskussion über Mindestlöhne in allen Ländern auch dieses Thema mit unseren Gesprächspartnern besprochen. Weitere Themen waren u.a. das Rentensystem und in ARG z.B. auch die Berufsunfähigkeitsversicherung.
Reisekosten
Diese Gesamtkosten sind mir nicht bekannt. Ich muss Sie hierfür an unser Sekreteriat des Ausschusses verweisen.
Ich hoffe Ihnen mit meinen Antworten gedient zu haben und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Rohde MdB