Frage an Jörg Rohde von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Rohde!
Sie haben einen Änderungsantrag zu Ihrem eigenen Gesetzentwurf eingebracht, nach dem nun das Sitzzuteilungsverfahren nach Hare/Niemeyer auch bei Bezirkswahlen eingesetzt werden soll. Ich hatte meine Bedenken schon bei der Anwendung im GLKrWG Ihrem Kollegen Andreas Fischer geschildert http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_andreas_fischer-512-19171--f249174.html#q249174 , aber leider keine Antwort bekommen. Vielleicht sind Sie aufgrund Ihrer Ausbildung der bessere Ansprechpartner für solche Fragen.
Das Problem ist, dass Hare/Niemeyer in Verbindung mit Ausgleichsmandaten wegen dem dabei auftretenden Alabama-Paradoxon dazu führen kann, dass negative Ausgleichsmandate vergeben werden. Allein so eine Sitzvergabe ist schon anfechtbar, aber nachdem ein Stimmengewinn einer Partei ursächlich für Ausgleichsmandate und damit dem Sitzverlust eben dieser Partei sein kann, kann auch zweifelsfrei verfassungswidriges negatives Stimmengewicht auftreten. Damit müsste letztlich der Verfassungsgerichtshof nachträglich über das anzuwendende Wahlsystem entscheiden, was doch nicht Sinn der Sache sein kann.
Nun gibt es bei den Landtagswahlen im Prinzip das gleiche Wahlsystem, aber der entscheidende Unterschied ist, dass es bei den Bezirkswahlen keine Sperrklausel gibt und auch tatsächlich deutlich mehr und kleinere Parteien an der Verteilung teilnehmen. Damit werden die Probleme bei den Bezirkswahlen regelmäßig auftreten, während man bei Landtagswahlen wenigstens noch hoffen kann, dass alles gut geht.
Nehmen Sie diese Probleme bewusst in Kauf oder sind nur die Konsequenzen nicht ausreichend durchdacht worden? Mit Sainte-Laguë existiert ein Verfahren, das ebenso wenig wie Hare/Niemeyer Parteien nach Größe bevorzugt, optimale Erfolgswerte garantiert und keine derartigen Probleme aufweist. Nicht ohne Grund hat es auf Bundesebene und in etlichen Bundesländern inzwischen Hare/Niemeyer ersetzt und wird auch im Landtag intern angewendet.
Viele Grüße
Andreas Schneider
Bitte entschuldigen Sie die sehr späte Antwort - ich hatte Leider abgeordnetenwatch.de vorübergehend vernachlässigt...
Das Alabamaparadoxon tritt nicht bei einer fixierten Sitzanzahl Auf (ohne Überhangmandate). Daher ist ihre Befürchtung nicht Zutreffend. Beide Verfahren sind gleichwertig - unserem Koalitionspartner gefiel Hare/Niemeyer wohl besser als Sainte-Laguë und daher haben wir dies gemeinsam vereinbart. Mir war sehr wichtig, das Verfahren D´Hondt abzulösen.